(dritte Version)
In einem unterirdischen Gewölbe der Ruine „auf Burg“ befindet sich ein riesiger Goldschatz. Das Gewölbe ist mit einer schweren eisernen Tür verschlossen, die nicht zu öffnen ist. Nur während des Glockenläutens in der Heiligen Nacht springt sie von selbst auf und bleibt während des Läutens offen. Dann können beherzte Leute hineingehen und schürzenweise von dem Gold forttragen; aber sie müssen sehen, dass sie rechtzeitig wieder hinaus kommen, sonst bleiben sie eingeschlossen. Ein junges, armes Mädchen, das ledigerweise zu einem Knäblein gekommen war, aus Armut aber nicht heiraten konnte, hörte von der Sache. Um sich nun das Geld für die Heirat zu beschaffen, begab es sich in der nächsten Christnacht mit seinem Knäblein vor die Tür. Beim Glockenton sprang diese mit großem Poltern auf. Hastig stellte das Mädchen sein Kind beiseite und eilte hinein, um so viel als möglich von dem Gold fortzutragen. Rechtzeitig fand es auch den Ausweg wieder. Sowie es draußen war, fiel die Türe polternd wieder ins Schloss. Das Knäblein aber war verschwunden. Es war der Mutter nachgelaufen und unbemerkt im Gewölbe geblieben.
Die verzweifelte Mutter konnte sich des Geldes nicht erfreuen. In ihrer Seelenangst holte sie Rat beim Pfarrer. Dieser riet ihr, im Gebet zu verharren und dann nach einem Jahr in der Heiligen Nacht nochmals zum Gewölbe zu gehen, dort aber nur nach dem Kinde zu sehen und kein Gold zu berühren. Sie machte es, wie der Pfarrer ihr geraten hatte. In der Tat fand sie das Kind wohlerhalten vor und brachte es heil zurück. Sie konnte nun den Mann heiraten und lebte glücklich und zufrieden bis zu ihrem Tode.
Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch