Es war einmal ein schönes Burgfräulein, das vor allen andern Speisen für sein Leben gern Wildbret ass. Als nun einmal ihr Geburtstag gerade an einem Freitag in der Fastenzeit fiel, äusserte sie in Gegenwart ihrer Ritter und Knappen, sie möchte von einem frisch erlegten Wildschweine speisen. Hierüber waren alle Anwesenden sehr bestürzt und keiner erwiderte ein Wort auf diesen Wunsch, ausser ein einziger Ritter, welcher ihr Buhle war. Dieser erklärte sich sofort zur Jagd bereit, wenn sie ihn dabei begleiten wolle. Dies war das Fräulein wohl zufrieden und beide verliessen auf ihren Pferden und von vielen Hunden begleitet die Burg, um auf die Jagd zu gehen. Weder das Fräulein, noch den Ritter, noch Pferde und Hunde sah man aber jemals wieder. Beide büssen ihren frevelhaften Leichtsinn und Uebermut damit, dass sie verdammt sind, jeden Freitag in der heiligen Zeit des nachts von 12 -1 Uhr mit ihren Hunden und Pferden eine wilde Jagd abzuhalten. Wenn es dann das Entlibuch, das Wiggertal, den Schiltwald und den Hundsrücken hinab, welches ihre Lieblingsörter sind, recht tobt und man wie Pferdeschnauben und Rüdengebell hört, sagen die Bauern: "das Straggele" und der "Dürst" kommen, denn so nennt man jene Unglücklichen, obschon sie in ihrem Leben einen andern Namen gehabt haben werden.
C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch