Ein Schweizer aus dem Berner Oberlande war einst vor einer ziemlichen Zeit auf Reisen in der Fremde und eines Abends kehrte er in einer abgelegenen Hütte ein, wo ihn ein alter Mann mit Gastfreundschaft empfing. Nach mancherlei Gesprächen gab der Greis sich dem Wanderer als einen Oberhasler zu erkennen, den der Kummer von der Heimat in das Ausland getrieben. Ihm waren drei schöne Töchter verfluchet worden; und bis auf diesen Tag sind alle drei, von der Bezauberung noch unerlöst, auf hohen Haslerbergen, wo sie oft mit Spuk sich zeigen. Zuerst im Gauligletscher haust das Gauliweiblein, und erscheint, von einem Hündchen begleitet, oft den Sennen in dem hintern Urbachtal. Zum zweiten irrt das Engstlenfräulein an der Engstlenalp zuhinterst in dem Genteltal und von den Hirten gar viel Mal erblickt. Zum dritten weilt das Geissmaidlein auf den Höhen des schönen Hasliberges, und hat wohl öfters schon einsame Knaben angelockt zum Buhlen. Doch, als es noch vor kurzem mit einem hübschen still gearteten Jungen auf den Heuboden einer Scheune steigen wollte, ließ es ein paar Geissfüsse sehen, und der bang erschrockene Jüngling schlich seitab von dannen, weil bei diesem Anblick ihm nicht mehr geheuer war. Wie dieser dreifache Zauber zu lösen sei, weiss wohl der Alte nur, der in der Fremde wohnt; doch hat er niemandem noch es mitgeteilt, und niemand weiss, wo er zu finden, niemand ob er noch am Leben sei.
C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch