»Kommt heute abend zu mir, ich will Euch dann eine alte Geschichte erzählen, aber eine wahre.«
Zu den Klosterfrauen kam einst zur Zeit des »Chriäsiläichs« an einem schönen Sommertag so äs Guschi, nitt gar äs grosses, mid-ämä rotä Lumpä uber dä Chopf appä, und bettelte Kirschen. Die Klosterfrauen sagten, ja ja, äs miäss scho ha; aber sy häiget Häiw ligets und miässet z'erscht das iträgä. Das Wybervolch aber zischte, äs well-ne-s de hinet scho schittä, sy miässet de käini meh gwinnä, und machte sich davon gegen die Kirche hinunter und gegen Bolzbach zu. Gegen Abend kam es in unsere Bodmi hinauf. Die Mutter war mit Erwellen beschäftigt, und das Guschi schickte sich an, seinen dreckigen Stecken in das Chessi zu stossen. Doch unsere Mutter wehrte ihm ab und sagte, das gehe nicht. Nun, das Wybervolch ging fort, durch das Gygental bergauf. Unterwegs begegnete ihm der Ratsherr Arnold aus der Mettlen mit einem Bräntli voll Milch, die er im Gygästäfäli geholt hatte. Als er am Guschi vorbei war, warf er noch einen Blick nach ihm zurück, aber es war spurlos verschwunden, und alsbald entlud sich ein furchtbares, unerhörtes Hagel- und Donnerwetter über Seedorf, dass die Rübi vom Gygental bis in den See sich wälzte. Das hat unsere Mutter oft erzählt.
Al. Wipfli, 60 Jahre alt, Seedorf
Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.