Zur Gemeinde Valendas gehört der Hof Brün hoch am Berge droben, und dieser Hof teilt sich in Vorder- und Hinter-Brün. - Über Hinter-Brün dehnt ein unheimlich-dunkler Wald sich aus.
In diesem Walde soll vor Zeiten ein Mann, ein Schreiner von Gewerbe, wegen einer Marche seinen Nachbarn erschlagen, und den Leichnam entsetzlich zerstümmelt haben. - Um die Mordtat zu verdecken, fertigte der Mörder aus einem dicken Tannenstamm, durch Aushöhlen, einen Sarg, legte den Erschlagenen hinein und machte die Höhlung wieder zu. Es war dies zur Zeit, als der Bergbach hoch ging, und das Wasser führte den Sarg durch die Schlucht ins Carrèra-Tobel, bis dorthin, wo eine Brücke die steinigen Ufer vereint.
Der Mörder kam bald nach seiner Untat beim Holzfällen um\'s Leben, und muss von dieser Zeit an geisten. Man hört ihn in finstern Nächten bald da, wo der Mord geschehen, bald dort, wo er den Sarg gezimmert, weiter zimmern und hacken, dass man es selbst in den umliegenden Höfen hört. Er muss immer neue Särge machen, und hat er einen Tannenstamm sauber ausgehöhlt, wirft er ihn ins Tobel hinab, und jauchzt dazu, dass es schauerlich wiederhallt. - Aber bald nimmt ihm der reissende Wildbach sein Machwerk fort, in den Rhein, und der Ärmste beginnt, ächzend und wehklagend, einen neuen Stamm auszuhöhlen.
Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.