Wenn man vom Kloster Engelberg zum Trübsee hinansteigt, so gelangt man zum Jochpass der von zwei mächtigen Gebirgsstöcken eingeschlossen ist. Der eine davon heisst Engstliberg mit dem wundertätigen, periodischen Engstlenbrunnen, der andere heisst Titlis. Seit alten Zeiten war dieser Pass die Strasse für den, den Sennen unentbehrlichen Salzhandel. Ein zunächst gelegener Gletscher heisst der Pfaffenfirn und an denselben knüpft sich folgende Sage:
Vor langer Zeit war der Grosskellner im fürstlichen Stifte Engelberg ein Mann von riesiger Gestalt und Körperkraft. Wenn die Salzhändler in Engelberg ankamen, war er immer der erste, die schweren Salzfässer vom Wagen zu heben und auf andere zu verladen. Einmal vermass er sich in seinem Übermut, ein Salzfass auf die Achsel zu nehmen und auf die Passhöhe zu tragen, ohne mehr als dreimal Rast zu machen. Um zwei Flaschen Wein wurde die Wette abgeschlossen. Als wärs ein Federball, hob er das Fass auf die Achsel und schritt festen Schrittes bergan. Man sah ihn auf der Passhöhe ankommen und umsinken. Als man herkam, war er tot. Geisterseher wollen ihn noch heutzutage mit dem Salzfass auf dem Rücken auf dem Marsch zur Passhöhe erblickt haben. Wenn es am Titlis oben tost, so pflegen die Talleute zu sagen: „der Pfaff rod si". Es stellt sich dann alsbald Regenwetter ein.
Aus: Franz Niederberger Sagen und Gebräuche aus Unterwalden, Sarnen 1924. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch