Wenn die Witterung umschlägt, soll es in der Rohrhollen tönen wie Pfeifen, Jauchzen und wildes Jagen zugleich; es ist dies für die Breitenbacher ein Schlechtwetterzeichen, dem die Leute Ausdruck geben mit dem Spruch: «'s Galgebiebli juchzet».
Auf Wiler bei Bärschwil soll sich einer - wann ist nicht bekannt - gehängt haben. Drum sollte er, wie alle Selbstmörder von damals, unterm Galgen verscharrt werden. Nun standen aber, als eindringliche Mahner an die Verurteilten, verschiedene Wegkreuze längs des alten Baselwegs. Eines steht heute noch bei den Schwedenschanzen; das dritte steht oben beim Bezirksspital. Das mittlere aber stand links überm Isenbach, wo die Steigung recht beginnt. Bis dorthin war der Wagen mit dem Leichnam des Selbstmörders glücklich gelangt. Aber nun wollte das Rösslein mit dem Toten nicht am Kreuze vorbei. So holte man ein Pferd nach dem andern, um Vorspann zu leisten. Aber alles nützte nichts. Schon strengten sich vier Tiere an, als der Wasenmeister vom Schindelboden kam. Dieser war weit herum im Land der Scharfrichter für Städte und Herren. Der gefürchtete Mann spannte die Pferde bis an eines aus, ergriff das Leitseil und eine Wagenradspeiche, und das Gefährt ging, wie vorher, dem Ziele entgegen. Nach einer anderen Meldung sei der Wasenmeister mit gezücktem Schwert, links und rechts schlagend, vor den vier Pferden her den Hügel hinauf gegangen. Und als die Leute Schaufel und Pickel zur Totengräberarbeit nicht hergeben wollten, soll dieser gesagt haben: «Dä cha keim meh schade, mer hein em derfür to». So wurde der Mann begraben. Da es aber viel gespukt haben soll von jener Zeit ab, kam die Sage vom Galgebiebli auf. Die einen wollen in ihm nur einen Wetterpropheten sehen. Andere erzählen, dass die glühenden Augen nachts den Wanderer im Wege täuschen und dass der Verirrte hinterher vom Geiste ausgelacht werde. In die Enge getrieben, habe das Galgenbüblein sich in einen grossen Nachtchutz oder in eine schwarze Katze verwandelt!
Quelle: P. Keckeis, M. Kully, Sagen der Schweiz. Solothurn, Zürich 1987. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch