Zu Riedmatt, einer Alp der Teilsame Grossteil, kam es oft vor, dass im etwas abseits gelegenen Speicher des Nachts Käse entwendet wurden, und alle Nachforschungen blieben erfolglos. Da liess sich einstens ein junger, kräftiger Älpler herbei, der Sache auf die Spur zu kommen; er bewaffnete sich mit einer schweren Axt, und man schloss ihn schon Tags in den betreffenden Speicher ein. — Längst war die Sonne aber alle Berge gegangen, niemand wollte sich hören lassen; bereits wurde es dem kampfeslustigen Burschen zu langweilig, als sich ein Jemand der Türe näherte. Der Jüngling setzte sich mit seiner Axt zur Wehre, indem er jeden Augenblick erwartete, der Kässchelm wolle nun mit einem falschen Schlüssel die Türe öffnen. Da streckte sich eine Hand durch einen ziemlich grossen Spalt und versuchte vermittelst eines Hackens den Türriegel wegzuschieben. Der junge Wächter besann sich aber nicht lange, zuckte die bereitgehaltene Axt und schlug dem Frevler die Hand ab. Mit einem Wehgeschrei stürzte der Dieb zu seinen, ob dem Speicher versteckten zwei Kameraden, welche mit ihm talwäts gegen Feldmoos zueilten und ihn dort im Walde ermordeten, wahrscheinlich, damit sie durch seine Verstümmelung nicht verraten würden. Später kam der verscharrte Leichnam an den Tag, aber nie hat man Näheres über die Kässchelmen vernommen und auch nie erfahren, wer der Ermordete war. Noch heutzutage ist diese Sage frisch geblieben in der Bevölkerung von Giswil, und den Ort, wo man den Ermordeten fand, nennt man zur Stunde noch das Mörder- oder Metzgerwäldli, allwo man zu gewissen Zeiten schauerlichen Geisterspuk gesehen hat.
Aus: Franz Niederberger Sagen und Gebräuche aus Unterwalden, Sarnen 1924. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch