Auf der Südseite des Ättenbergs liegt die Alp «Kuhlauenen». Einst lebten dort Zwerglein, die den Hirten durch mannigfache Dienstleistungen sich nützlich machten. Sie pflegten das Vieh und bewahrten es vor Unglück und Unfall. Aus Erkenntlichkeit setzte ihnen der Meisterhirt allabendlich eine Gebse voll dicker, süsser Nidel aufs Schindeldach oder auf einen Stein. Jeden Morgen fand man das Gefäss leer und sauber geputzt am Platz. Eines Sommers half ein neuer Hirtenknecht auf der Alp aus. Dieser besass ein böses Herz. Er missgönnte dem fleissigen Zwergvolk den abendlichen Trunk. Als ihm eines Abends der Meister befahl, die gewohnte Ration Nidel für die hilfreichen Bergmännlein bereitzustellen, führte der missgünstige Dienstbote einen Plan aus, den er schon lange in seiner schwarzen Seele gehegt hatte. Er tat Kot in die köstliche Nidel hinein und setzte die verunehrte Gottesgabe an den bestimmten Ort, wo die Zwerge sie heimlich verzehrten. Als die Sennen am folgenden Morgen erwachten, hörten sie eine zornige Stimme rufen: «Auf zum Schinden! Auf zum Schinden! Keine Kuh ist mehr da!» Die erschrockenen Hirten eilten sogleich ins Freie, um nach den weidenden Tieren Umschau zu halten. Aber sie fanden keine einzige Kuh mehr. Des Zwerges Drohung war nur zu wahr geworden. Eine Schuttlawine hatte sich vom Abhang losgerissen und hatte alle wertvollen Milchkühe begraben. Davon erhielt die Alp den Namen «Kuhlauenen». Die Zwerglein aber haben die Bergweide für immer verlassen.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.