Vor Zeiten trieb sich auf einer Alpweide der Muschenegg ein Kobold herum. Mit Vorliebe wählte er als Aufenthaltsort den niederen, warmen Ziegenstall. Darin trieb er seinen Mutwillen und hatte besonderen Gefallen, die braunen Geissen in Schrecken zu versetzen. Dazu wählte er mit Vorliebe die stille Nachtzeit. Wenn alles ruhig war, begann der Spektakel im Ställchen. Der Zwerg fuhr zwischen den Geissen umher und versetzte sie in Angst. Er zupfte sie am Bart, zog sie am Euter oder erregte sonst durch wildes Gebaren ihre Furcht. Dann fingen die gehörnten Huftiere ein jämmerliches Meckern an, bis der aufgeweckte Hirt schleunigst im Stall erschien, um dort nach dem Ruhestörer Umschau zu halten. Es gelang ihm, den Plaggeist zu erblicken. Der Kobold flüchtete flink in die nebenstehende Küche, wo er sich unter der Küchenstiege hinter den Holzscheitern verbergen wollte. Aber der Senne besass gute Augen und hatte den boshaften Zwerg gar bald in seinem Versteck aufgestöbert. Flink ergriff er ein Holzscheit und fuhr damit auf den Kobold los. Als das Bergmännlein einsah, dass es verloren war, benutzte es einen unbewachten Augenblick, und mit einem gewaltigen Satz war es bei der Türe, riss dieselbe auf und ergriff schleunigst die Flucht. Von dem Tag an wagte es sich nicht mehr in der Alphütte zu zeigen, und Hirt und Geissen hatten Ruhe vor des Wichtelchens Umtreiberei.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.