Zwei Holzhauer von St. Silvester gingen einst in den Burgerwald an ihre Arbeit. Da erblickten sie beim dämmernden Morgen am hagumzäunten Weg zwei «Holzappeli» (Zwerglein). Hurtig griffen die Holzer mit ihren breiten Händen nach den winzigen Geschöpflein und suchten sie einzufangen, was ihnen denn auch gelang. Doch unversehens entwischte ihnen ein Zwerglein wieder. Das andere nahmen sie mit heim nach Tscherlun. Dort sperrten sie das Holzappeli in ein Zimmer, damit es ihnen nicht entwische. Das Zwerglein fügte sich in das Unvermeidliche und suchte sich der Umgebung nützlich zu machen. Abends erfreute es die Leute durch allerlei Kunstgriffe. Eines Tages versetzte es die Hausbewohner in Spannung. Es sprach zu ihnen: «Der beste Schleuderer werfe einen Fadenknäuel, dessen Anfang ich in den Händen festhalte, in die Weite. Dann will ich auf dem Faden laufen.» Die Leute lachten zuerst, aber sie taten dem Wichtelchen den sonderbaren Gefallen und warteten neugierig auf das neue Kunststück. Und siehe! Das Holzappeli lief kerzengerade auf dem dünnen Faden ohne zu zittern oder zu wanken.
Als es am Ende des Fadens angelangt war, lief es unaufhaltsam mit seinen winzigen Füsslein weiter. Es nahm die Richtung nach seiner Heimat; ohne nur einmal sich umzuschauen, strebte es dem dichten Burgerwalde zu und liess sich nicht mehr blicken. Die gefoppten Holzhacker kehrten um eine Erfahrung reicher nach Hause.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.