Im Gebiet der freiburgischen Voralpen liegt die schöne Bergweide Salzmatt. Sie hat ihren Namen von einer salzhaltigen Quelle, die auf dieser Alp entsprang. Alles Getier, das daraus trank, gedieh so gesund, dass es eine Freude war, es anzusehen. Auch die Anrainer durften von dieser Heilquelle ihr Vieh tränken, das gleichfalls die wundersame Wirkung derselben verspürte. Vor Jahren gehörte die Bergweide einem wackeren, jungen Plaffeier Bauern. Alljährlich zog er im Frühjahr, wenn die Bittprozessionen gehalten waren, auf die Salzmatt. Weit und breit gab es keinen Hirten, der so gewissenhaft und geduldig des Viehes wartete wie dieser Jungbauer. Nie hörte man ihn fluchen oder schelten, wenn etwa die Kühe den Melkeimer umstiessen oder sonst sich irgendwie widerspenstig zeigten. Nie kam es vor, dass er in roher Weise die Tiere schlug oder quälte. Die verständigen Vierfüssler fühlten heraus, dass es ihr Herr gut mit ihnen meinte. Darum folgten sie willig seinem Ruf und liessen sich ohne Widerstreben von ihrem Herrn leiten. Es ging ihnen nie etwas ab vom Futter. Da war es kein Wunder, dass auf der Alp alles Vieh prächtig gedieh und bei der Talfahrt im Herbst alle andern Tiere an Rundung übertraf. Es kam auch selten vor, dass ein Stück einging oder krank wurde, denn hilfreiche Bergmännlein halfen dem Sennen bei der Arbeit. Sie hüteten die Tiere und hielten alles Böse von denselben fern. Unsichtbare Hände nahmen dem Mann manche Arbeit ab; sie melkten die Kühe, striegelten deren scheckiges Fell und pflegten sorgsam das Jungvieh. War der Meister abwesend und hatte er anderswo zu tun, da konnte er sicher sein, dass daheim die nötigen Verrichtungen im Stall und Feld getan wurden. Dafür erzeigte sich der Hirt seinen treuen Helfern recht dankbar. Er gab ihnen Milch, Käse und Brot, und im Stafel fanden sie jederzeit ein freundliches Obdach. Nun kam auch für den Jüngling die Zeit zum Heiraten. Als er soweit war, dass er mit einer braven Plaffeierin den Ehebund schliessen konnte, besorgten ihm die braven Heinzelmännchen auf der Alp die Arbeit. Ohne Sorgen konnte er nach dem Pfarrdorf Plaffeien hinabsteigen, um dort Hochzeit zu feiern. Vorher jedoch wollten ihm die Zwerglein ein Hochzeitsgeschenk machen. Welche Freude empfand der junge Hochzeiter, als er am Hochzeitsmorgen früh auf dem Tisch eine kostbare, goldene Taschenuhr fand mit der Widmung:
«Dem braven und wohltätigen Hirten überreichen die dankbaren Zwerge dieses Angebinde.» Eine solch feine Uhr besass nicht einmal der Ammann von Plaffeien, ja vielleicht selbst der Schultheiss von Freiburg nicht. Freudestrahlend zeigte der Bräutigam seiner Annemarie das wertvolle Hochzeitsgeschenk der dankbaren Bergmännlein. Ich brauche wohl nicht mehr beizufügen, dass den braven Leutchen auch fernerhin das Glück hold blieb. Emsige Hände und frommer Sinn sind die beste Garantie für ein glückliches Familienleben.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.