In Laupers Schwand war Heuet. Dicke Schwaden des gedörrten Grases warteten auf das Verladen in die «Schnäggen», wie man im Oberland die schlittenförmigen, zweirädrigen Heuwagen nennt (vorne haben sie statt der Räder zwei Schlittenkufen und hinten zwei Räder). Auf den abschüssigen Hängen und buckligen Hügeln tut dieses Fahrzeug sehr gute Dienste. Ein Heuwagen würde auf dem unebenen, abfallenden Gelände glatt umstürzen. Die Zeit drängte zum Einbringen des Heus, denn ein Gewitter war im Anzug. Schon ballten sich über den breitgeschweiften Rücken des Schwy- und Käsenberges schwere Gewitterwolken zusammen. In der Ferne rollte schon der Donner. Da ist's schwierig, mit wenig Arbeitskräften das gut gedörrte Heu in kurzer Zeit unter Dach zu bringen. Das sah an jenem schwülen Sommertag auch der «Schwanjesel» ein. Verlegen kraute er seinen Patriarchenbart und brummte zu seinem Weib, dem emsigen Annemäi: «Wenn wir jetzt nur ein halbes Dutzend Leute zum Heuen hätten bräuchten wir zwei uns nicht so hart zu schinden und zu plagen; da wäre die Wiese bald abgeheuet.»
Der Bauer hatte das letzte Wort kaum gesprochen, da raschelte es hinter dem nahen Haselwald her, und husch husch, wimmelte ein ganzes Völklein kleiner Leute über die Matte. Es waren Zwerge vom Käsenberg und Burgerwald, die gekommen waren, um den bedrängten Hirten zu helfen. Flink packte jedes Zwerglein ein Büschel Heu, so viel es mit den kurzen Ärmchen fassen konnte, und rannte damit auf den Heuboden des Stalles. Hu, war das ein Treiben und Rennen! Das flitzte und schnellte nur so dahin, als ob die Zwerglein Flügel gehabt hätten. Das wimmelte bunt durcheinander, wie in einem Ameisenhaufen. In einigen Augenblicken war die ganze Bergwiese geräumt und das Heu lag ordentlich geschichtet auf der Heubühne (Soller). Es war höchste Zeit gewesen. Schon klatschten schwer die ersten Regentropfen auf das graue Schindeldach, grelle Blitze durchschnitten die Luft. Als «Schwanjesel» den dienstfertigen Heuern seinen Dank abstatten wollte, waren sie schon wieder hinter Busch und Hag verschwunden. Dafür bewahrte ihnen der Hirt seiner Lebtag ein dankbares Andenken.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.