Einige erwachsene Mädchen von St. Silvester unternahmen einst einen Ausflug nach der Muschenegg. Es war ein schöner Sonntagnachmittag im August. Sie nahmen den Weg über den grossen Schwand. Dort stand ein leerer Heustaffel. In seinem Schatten wollten die vom Wandern etwas müden Mädchen kurze Rast machen. Sie sollten jedoch etwas Ungewöhnliches erleben, das sie zeitlebens nie vergassen.
Als die Mädchen sich unter dem breitdachigen «Schärm» niedergelassen hatten zum gemütlichen Hock, ging unversehens die Türe auf und eine fremde Männergestalt in der Uniform eines Schweizergardisten erschien auf der Schwelle. Sein Gesicht war bleich wie Wachs. Eine blutige Wunde zog sich von der Stirn bis zur Wange herab. Wortlos, mit traurigen Augen starrte der Gardist die erschrockenen Mädchen an, ohne etwas gegen sie zu tun. Die Ausflüglerinnen hatten schon Angst genug beim Anblick des verwundeten Soldaten. Schreiend flohen sie zu Tale und rannten den Abhang hinunter, ohne sich nur einmal umzublicken. Noch ganz ausser Atem kamen sie daheim an, wo sie ihr Erlebnis nochmals in lebhaften Worten erzählten. Einige beherzte Burschen machten sich sogleich auf den Weg nach dem besagten Heuschober und suchten darin alle Ecken ab, ohne aber eine Spur vom fremden Soldaten zu finden. Auch in der Umgebung war kein solcher Mann gesehen worden. Einzig die noch offenstehende Türe zum Heuschober gab dem Berichte der Mädchen einigen Anhalt. An jenem Sonntagabend wurde in mehreren Häusern der Rosenkranz für den rätselhaften Schweizergardisten gebetet und die Haustür sorgsam zugeriegelt.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.