Eine Bauerntochter von Obermonten pflegte am Sonntagmorgen in aller Frühe nach Alterswil zu gehen, um dort die heiligen Sakramente zu empfangen und der Frühmesse beizuwohnen. Darum stand sie in aller Morgenfrühe auf, um zu rechter Zeit in die Kirche zu kommen. Der Weg, den sie einschlug, war der Stationsweg, der von Alterswil nach Obermonten führt, an dem die 14 Kreuzwegstationen angebracht sind in gleichmässiger Entfernung. Ein gutes Stück des Weges führt durch das dunkle Grossholz. Als die Kirchgängerin in fromme Gedanken versunken, ganz mutterseelenallein durch den nachtfinsteren Wald ging, dessen Weg sie auch im Finstern ohne Licht fand, erblickte sie von weitem zwei feurige Pünktlein. Je mehr das Mädchen den Fünklein sich näherte, desto grösser und heller wurden sie. Wie feurige Kohlen brannten sie in der Finsternis. Als das Mädchen den seltsamen Feuerfunken ganz nahe kam, erblickte es eine riesige, brandschwarze Katze von der Grösse eines mittleren Hundes. Das Untier kauerte am Wegesrand. Beim Herannahen der Tochter öffnete es seinen breiten Rachen und fauchte sie giftig an. Dabei streckte es eine Zunge heraus; die glänzte feuerrot und war so lang, dass sie fast den Boden berührte. Die erschrockene Kirchgängerin schlug ein grosses Kreuz und rannte, so schnell sie die Beine trugen, den Waldweg hinunter. Doch stiess ihr weiter nichts Schlimmes zu. Das Gespenst schien nur gekommen zu sein, das fromme Mädchen auf dem Kirchweg zu erschrecken.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.