Vor einem Bauernhause des Unterlandes sah man vor Zeiten eine kohlschwarze Katze umherlaufen. Wenn die Bauersfamilie nach Feierabend beim matten Lichte des Kienspanes um den rohgezimmerten Tisch sass, schlich die Katze vor die Fenster und schrie so lange, bis man ihr das Fensterlüferli aufmachte und sie hineinliess. Ja, die Tochter war so zärtlich mit dem Tier, dass sie dasselbe sogar mit ins Bett nahm, was der Katze sehr wohl gefiel. Doch ihr eigentümliches Gebaren fiel dem Mädchen schliesslich auf. Es war nicht nach Gewohnheit der Hauskatzen. Sie frass nichts, hielt sich stets vom Lichte fern und blickte so eigenartig drein, dass man fast Furcht hätte bekommen können. Tagsüber war das Tier nirgends zu sehen, erst abends kam es immer vor die Fenster geschlichen. Mit den andern Katzen hielt die schwarze Katze keine Gemeinschaft.
In der Beichte erzählte die Tochter dem Priester vom auffallenden Besuch dieser Katze. Mit scharfen Worten verbot der Geistliche dem Beichtkind, das unheimliche Tier ins Zimmer zu lassen; noch weniger sollte es die Katze ins Bett mitnehmen. Der erfahrene Priester witterte hinter der schwarzen Katze etwas Schlimmes. Er sollte Recht behalten.
Als die Katze am Sonntagabend wieder vor's Fenster kam, öffnete die Tochter nicht, wie ihr der Seelenführer geboten hatte. Das Tier klagte besonders jämmerlich, um die Leute zum Öffnen des Fensters zu veranlassen. Doch man verwehrte den Eintritt. Da fing die Katze an zu wüten und zu fauchen. Sie konnte auf einmal reden: «Meitli, du hast gut daran getan, mich nicht hereinzulassen. Hättest du mich gegen das Verbot des Priesters hereingelassen, so würde ich dich heute Nacht erwürgt haben.» Fürchterlich glotzten da die roten Augen aus dem schwarzen Kopfe. Da spritzte das Mädchen Weihwasser gegen das Fenster, welches die unheimliche Katze in die Flucht trieb.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.