In früheren Zeiten hauste ein grausiges Untier beim Roten Kreuz in Plaffeien; es sah einem Lindwurm sehr ähnlich. Das Ungetüm würgte nachts das Vieh; es ringelte sich den Kühen um den Hals und erstickte sie. Auf mancherlei Weise richtete es auf den Fluren der Landleute Schaden an und war ein Schrecken für die Menschen und die Tiere. In seiner Not nahm das geängstigte Volk eine Zuflucht zu einem Ordensmann. Derselbe kam aus Freiburg nach Plaffeien. Zuerst fastete und betete er drei Tage lang; dann fing er an, das Ungeheuer zu bannen. Lange und anhaltend musste der Mönch beten; was die Leute nicht sehen konnten, das erblickten die Augen des Geistlichen; es muss etwas Furchtbares gewesen sein. Denn der Mann wurde ganz blass im Gesicht, und die hellen Schweisstropfen rannen ihm über Stirne und Wangen. Aber der Beschwörer liess nicht nach, bis das Ungetüm vor der Kraft der bannenden Gebete weichen musste. Plötzlich verfinsterte sich der heitere Himmel; ein starker Sturm fegte über die Gegend dahin und schüttelte grimmig die Kronen der Bäume.
Auf einmal tönte ein unheimliches Pfeifen durch die Lüfte, und die erschreckten Leute sahen ein geschlängeltes Tier mit Drachenflügeln durch die Luft dahinschnellen. Es nahm die Richtung nach dem Schwarzsee und verschwand dort für ewig. Der Mönch dankte dem Herrgott für die Befreiung vom bösen Tier. Den Umstehenden jedoch wollte er nichts mitteilen von dem, was er während der Beschwörung gesehen hatte, so sehr ihn die Neugierigen auch drängten.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.