Die rauchenden Meiler im romantischen Plasselbschlund sind schon längst erloschen, die Kohlen- und Pottaschebrenner längst ausgestorben. Ihr russiges Handwerk ist durch die Maschine ersetzt worden. Nur spärliche Anzeichen reden noch von dieser Industrie vergangener Jahrhunderte. Die unermüdliche Sage hat auch diesen Erwerbszweig mit dem geheimnisvollen Mantel der Dichtung geschmückt und in abenteuerlichen Überlieferungen in die Gegenwart hinübergerettet. Eine dieser Erzählungen berichtet vom dreibeinigen Fuchs im Schlund.
Nicht weit von Peyers Säge stand einst der Kohlenmeiler des bärenstarken Klaus Brügger vom Eichholz. Sein Beruf brachte es mit sich, dass der Mann auch die Nacht hindurch beim Meiler verbringen musste, besonders wenn ein frischer Holzstoss angezündet wurde. Um das glimmende Feuer nicht verlöschen zu lassen, musste der Köhler von Zeit zu Zeit nachschüren. Die erzeugte Kohle lieferte Klaus dann in Freiburg seinen Kunden ab. Das Wachen in einsamer Nacht so allein im tannendunklen Bergwald, beim glosenden Meiler, war nicht gerade gemütlich. Besonders dann nicht, wenn die Füchse vor ihrem Bau heulten und auf hoher Tanne die Nachteulen ihr unheimliches «Uuhuu» in die totenstille Nacht hinausschrien, während das Rauschen des wilden Ärgernbaches geisterhaft heraufschwoll.
Klaus verspürte aber keine Angst, unter seinem Wams trug er eine geweihte Benediktusmedaille, die ihm seine Mutter einst von Einsiedeln heimgebracht hatte. In einer stürmischen Herbstnacht sollte Klaus etwas erleben. Gegen Mitternacht sah er plötzlich in geringer Entfernung zwei feurige Punkte leuchten. Sie näherten sich zusehends dem Meiler; es waren die feuersprühenden Augen eines Fuchses, die wie glühende Kohlen den Mann anstarrten. Schnell packte der Köhler die stets schussbereite Flinte und feuerte sie gegen das Tier ab. Aber seltsamerweise war das Tier unverletzt geblieben, obwohl es mitten auf die Stirne getroffen war. Das Wild floh auch nicht, sondern rannte auf den Schützen los und drohte ihn anzugreifen. Was dem Köhler aber besonders auffiel, war die Wahrnehmung, dass der zähe Fuchs nur drei Beine hatte. «Das ist doch sonderbar», dachte Klaus. Als das Tier gegen ihn sprang, riss er schnell die geweihte Medaille von der Brust und hielt sie vor das wütende Tier. Da stiess der zähnefletschende Fuchs einen Wutschrei aus und stob davon. Nur ein beissender widerlicher Geruch blieb zurück, der vom unheimlichen Tier herrührte. Klaus dankte aus tiefstem Herzen Gott und seiner gebenedeiten Mutter für die überstandene Gefahr. Er gedachte auch seines frommen Mütterleins, das ihm die Medaille gegeben hatte. Fortan blieb er von weiterem nächtlichen Spuk verschont.
Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.