Zur Zeit der Napoleonkriege wurde an einem kalten Winterabend eine Schwadron ungarischer Husaren in Ziefen einquartiert. Es waren prächtige Burschen von verwegenem, abenteuerlichem Aussehen. Der Rittmeister liess sofort den Ortsvorsteher holen und teilte ihm seine Wünsche für die Unterbringung der Truppe mit. Als alles geregelt war, stellte der Rittmeister noch die merkwürdige Frage: «Wer ist der gröbste Mann in eurem Dorf?» Der Gemeindepräsident stutzte zuerst und meinte dann: «Gross höflich sind wir in Ziefen gerade alle nicht, aber es mag der Schmied sein, der nicht allein bei uns, sondern in der ganzen Talschaft als ein weidlich grober Gevatter gilt.» Der Rittmeister notierte sich sofort den Namen des Dorfschmieds und liess sich dessen Haus beschreiben. Dann empfahl er sich mit leutseligem Gruss.
Nach fünf Minuten ritt an der Hofstatt des Schmiedmeisters ein schmucker Husar vor, sass ab und führte, ohne ein Sterbenswörtlein zu sprechen, sein Ross in die Wohnstube hinein. Darauf machte er sich an die kunstvoll eingelegte Kommode, zog die oberste Schublade heraus, warf den Inhalt kurzerhand zum Fenster hinaus und schüttete stattdessen den Hafer in die Schublade. Nun war das Pferd besorgt, und nach guter Reiterart durfte jetzt auch der Husar an sein leibliches Wohl denken. Er forderte, so grob er konnte, ein kräftiges Nachtessen. Jetzt aber kam s. Plötzlich fühlte er sich von hinten durch zwei starke Arme gepackt. Es war der riesenhafte Schmied, der mit einem einzigen Kunstgriff die Hände des Soldaten band und ihn dann in den Stall führte. Wo sonst die Kuh stand, wurde der Husar am Hals angebunden und das Essen ihm in die Krippe aufgeschüttet. Wohl tobte und wetterte der Mann greulich, aber der Schmied sprach kalt und ruhig: «Ich habe mir gedacht, es wär bei euch in Ungarn gebräuchlich, dass das Ross in der Stube und der Mann in den Stall kommt.»
Der Rittmeister freute sich königlich, als dieser Husar, von langem her das Sorgenkind seiner Truppe, endlich seinen Meister gefunden hatte. Er liess ihn einen Tag lang im Stall stehen, den Kameraden und dem ganzen Dorf zum Gespött!
Ziefen
Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.