Zwischen den zwei löblichen Gemeinden Münster und Reckingen in Goms herrschte lange verderblicher Zwist über die Marken, die ihre Bezirke voneinander teilen sollten. Zweihundert Jahre lang befehdete man sich in Prozessen, die viel Geld kosteten und zum Frieden nichts eintrugen. Endlich (1668) verständigte man sich gütlich; man trank den Wein des Friedens auf den streitigen Plätzen und auf beiden Bergabhängen wurden die Grenzen festgesetzt und die Marksteine aufgestellt, wie sie noch jetzt Geltung finden.
Später wurde es in einer Grenzalpe, "auf Alpien", in Reckingen, am nördlichen Bergabhange, sehr unheimlich und es begann darin ordentlich zu spuken. Wenn auf gewissen Plätzen das Vieh lägern (ruhen) wollte, wurde es hin und wieder aufgeschreckt und davon gejagt. Die Alpleute wurden durch Spuk beunruhigt und mitten in der Nacht aus ihren Hütten ausgetrieben. Die den Mut hatten, etwa auszuharren, wollten einen zweiten Versuch nicht mehr machen und fortan lieber ferne bleiben. Die Alpe ward so verschrien. Niemand wollte sie mehr gerne benutzen und die Gemeinde hatte Schaden.
Dem wollte man abhelfen. Man nahm zu frommen Priestern Zuflucht, welche herausbrachten, der Satan habe diesen unheimlichen Spuk veranstaltet, um die Leute zu veranlassen, über die langen Grenzzwistigkeiten und deren Partien, über die Führer und Vorsteher in diesem Verkehre allerhand Böses und Ungerechtes zu urteilen. — Diese Entdeckung brach den Spukereien die Spitze; sie beunruhigten fortan die Leute weniger und hörten endlich ganz auf.
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch