Wer glaubt, alles Geisterhafte gehöre der lieben alten Zeit an und die Bozen seien bereits alle gestorben, der irrt. Er gehe z. B. nach Chalais, wo er ein Haus treffen wird, das noch im letzten Winter viel von lästigen Plaggeistern zu leiden hatte.
Zuerst polterte da ein Geist im benachbarten Stalle herum und belästigte darin das Vieh. Dann bezog derselbe eine Kammer, darauf die Wohnstube und endlich das ganze Haus; deutlich hörte man denselben darin herumgehen und allerhand Neckereien vornehmen. — Einmal zeigte sich der Poltergeist in einer Stubenecke einem im Bette Wachenden als ein grosser ungeheuerlicher Mann, der mit den garstigen Augen ihn anblickte, während ein kleiner ungeformter Zwerg an seinem Bette herumhüpfte. Ein anderes Mal schlief ein junger Bursche (Student) mit einem Knaben in einem Bette. Da merke er, dass ihm die Bettdecken abgehoben wurden. Erwachend setzte er sich schnell im Bette auf und sah zu den Füssen zwei wüste Zwerge mit gelben Gesichtern auf dem Bette hocken. Der eine blickte ihn spöttisch an, der andere aber war eben daran, auch dem Knaben die Bettdecken bis auf die Knie herabzuziehen. Erzürnt, ohne die Sache näher zu bedenken, gab der Bursche dem spöttischen Zuschauer eine tüchtige Ohrfeige, worauf die Erscheinung verschwand und für einige Wochen Ruhe eintrat. — Der mutige Ohrfeigengeber behauptet, er habe getroffen, doch zuverlässig sicher nicht sich selbst oder den mitschlafenden Knaben.
Die geplagten Hausbewohner nahmen ihre Zuflucht zu Gebeten und Beschwörungen; worauf die Geister das Haus räumten, aber nicht dessen Umgebungen. — Ob sie aber wieder einziehen werden, wird die Erfahrung lehren.
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch