Anton Biner von Zermatt soll den Hohlichtbozen auch gehört haben. Als er noch als Knabe an einem Sonntage in der Alpe Mamad die Kühe auf die Weide trieb, hörte er in dem gegenüberliegenden Berge Hohlicht die Stimme des Geistes. Sich vor ihm fürchtend, eilte Anton in die Hütte zurück, verriegelte sich die Türe, und schon war der Geist, wie es schien, nahe an der Hütte, wo er unter entsetzlichem Jammern und Heulen die Worte ausstiess: «Weh! weh! weh! in Ewigkeit weh!»
Dass an der Geschichte von dem Hohlichtspukgeiste nicht etwas Wahres sei, lässt sich kaum bezweifeln; denn viele Personen haben ihn gehört; einige sogar ihn gesehen in der Gestalt eines grossen grauen Widders. Etwelche Male soll er sogar bis in das Dörflein Z'mut heruntergekommen sein, wo er auf dem Salz-Riesche zu lecken schien. Seine Stimme war verschieden. Bald jammerte und heulte er wie ein Mensch, der von schwerem Unglück getroffen ist; bald blökte er wie ein Schaf; bald war's ein wildes, Mark und Bein durchdringendes Geschrei, gleich als wenn erboste Schweine miteinander im Kampfe wären.
Als Ursache zur Entstehung dieses Geistes wird Folgendes angegeben: Ein Mann sei auf den unseligen Gedanken gekommen, ungerechterweise Schafwolle sich anzueignen. In dieser Absicht habe er im Berge Hohlicht ein Loch ausgemauert, das die Schafe zum "Hitzen" benutzten. Einmal in das Loch hineingesprungen, konnten sie sich nicht mehr herauswinden. So habe dieser Unglückliche viele Schafe zu Grunde gerichtet, um sich mit ihrer Wolle zu bereichern. — Seit manchen Jahren hat man von diesem Geiste nichts mehr verspürt.
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch