Aus Gasenried in St. Niklaus wird erzählt, einem Jünglinge, Peter Joseph, sei der Schatten oder der Geist eines Verstorbenen ein ganzes Jahr lang überall und allemal begegnet, so oft er nach Sonnenuntergang ausser seinem Wohnhause war. Dieser unheimliche Schatten wurde nicht nur von ihm, auch von andern gesehen, wie derselbe stets seinen Spuren gefolgt sei. Peter Joseph musste sich angewöhnen, alle Arbeiten ausser dem Hause vor Sonnenuntergang zu vollenden, wenn er vom Geiste nicht wollte belästigt werden.
Eines Tages geschah es, dass er sich beim Füttern der Schafe in einem etwas entfernten Stalle verspätete. Die Sonne ging eben unter, als er noch in der Scheuer Futter fassen wollte. Sieh'! da stand der Geist auch schon auf der Treppe und harrte seiner. Der Erschrockene, der nicht mehr ausweichen konnte, rief den Namen Gottes an und fragte, was er helfen könne und solle. Die Erscheinung erklärte, sie sei der Geist seiner verstorbenen Mutter, und bitte ihn, die Person nicht zu heiraten, die er sich zur Braut auserkoren habe. Sie bezeichnete ihm die Person, die er zur Ehe nehmen solle. «Zwei Kinder werden dir sterben und mich erlösen», fügte sie bei. Der Geist verschwand und ward nie mehr zu bemerken. Natürlich folgte der Sohn dem Wunsche seiner Mutter. — Die zwei Kinder starben, aber die Heirat war keine glückliche.
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch