Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts führte Katharina Briggeler, Gattin des Johann Tamatter von Visperterminen, ihre Kinder samt einer kleinen Viehherde aus der Voralpe Hoten nach Oberstalden herab. Ein kleines Töchterlein, Maria Katharina, konnte oder wollte im Teelwalde dem Zuge nicht schnell genug folgen. Darüber ungeduldig wollte die Mutter die Kleine schrecken und sagte ihr: «Wenn du nicht schnell kommst, so wird dich der schwarze Mann packen und fortführen.» Das kleine Mädchen lief aber immer noch nicht nach, wie es die Mutter wünschte; diese schrie darum in den Wald hinein: «Komm schwarzer Mann, und hole das faule Kind!»
Als die Mutier bald darauf wieder umschaute, was das Kind nun anfange, sah sie dasselbe nirgends mehr. Glaubend, es sei in die Voralpe zurückgelaufen, brachte sie schnell die übrigen Kinder und das Vieh nach Hause und ging wieder hinauf, um selbes abzuholen. Aber das Töchterlein war nirgends zu finden. Jammernd trieb nun die trostlose Mutter Leute zusammen, um das Kind aufzusuchen — aber umsonst. Am zweiten Tage fand man im Walde ein Schühlein, so das Mädchen getragen. Erst am dritten Tage abends fand es seine Patin, Katharina Heinzmann, tief im Walde zwischen zwei Felsen eingeklemmt. Das Kind erzählte nun, der schwarze Mann sei gekommen, dem die Mutter gerufen, und habe es an der Hand dahin g führt. Er habe kein Wort mit ihm gesprochen; aber ihm auch nichts zu Leide getan. Es hätte die Leute schon gestern und vorgestern gehört und gesehen, aber der schwarze Mann habe Wache bei ihm gehalten und es weder gehen noch schreien lassen. Erst als die Gotta gerufen, sei der Schwarze verschwunden, und es habe Antwort geben können.
Von der Zeit an fing das Mädchen an zu kränkeln und endete bald sein junges Leben.
(erzählt von Florentin Heinzmann)
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch