Einst soll der Tod in den Bergen von Naters schrecklich gehauset haben. Man erzählt, ein Schafhirt in Aletsch habe eine Nuss aufgehoben und gegessen, die ein grosser Vogel im Schnabel über die Berge zu ihm getragen und vor ihm habe fallen lassen. Mit diesem Hirten habe dann der Tod den Anfang gemacht. — Auch in Saas geht die Sage, die Pest sei einst in einer schwarzen Wolle über die Berge aus Italien gekommen und habe zuerst den Schafhirten auf der Alpe angepackt. — Den armen Bergbewohnern erlaubte man nicht mehr, hinab nach Naters zu kommen, um die Seuche nicht weiter zu verbreiten. Darum, so geht die Sage, habe man die Verstorbenen in der "Frohmatte" begraben und der Pfarrer habe da auf einem Hügel mit den Hl. Sakaramenten gewohnt. Zum Vergraben der Toten waren zwei Männer, wovon einer einäugig, bestellt und als Lohn erhielten sie für jede tote Person ein Leintuch. Sie beigeten (häuften) die Leintücher aufeinander und jedem der zwei Gräbler fiel ein klafterhoher Haufe zu. — Einem Kinde wusch eine Mutter mit Gottvertrauen in Aletsch das Herz, und sieh! das Kind starb nicht und ihm fielen noch in selbiger Nacht zwölf Trinkelkühe als Erbschaft zu. — Die Seuche verschwand, als ein Verstorbener das Heilmittel angab: «Bibinella und gebaht's Brod ist gut gegen den gähen Tod.»
Auch tröstete der Verstorbene, es werde nur noch der einäugige Gräbler und der jüngere Aletschhirt sterben. So geschah es auch. — Die Bibinella wurde tief im Massa-Kinn gefunden.
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch