Im Jahre 1475, den 13. Wintermonat wurde die Stadt Sitten durch die Oberwalliser von der Belagerung des Herzogs von Savoyen entsetzt. Über diese Kriegstat geht noch folgende Sage:
Ein Herzog von Savoyen lag mit seinem Kriegsheere auf der "Planta" und belagerte die Stadt Sitten. Diese schlug die Anfälle mutig ab und rief die Oberwalliser um Hülfe auf; bevor diese jedoch ankam, litt sie grosse Not und war alle Augenblicke in Gefahr, vom Feinde überrumpelt zu werden. Als die so heiss erwarteten Krieger aus Oberwallis endlich bei der Leukerporte anlangten, liess man ihnen nicht Zeit, in die Stadt einzuziehen, sondern sandte sie schnell zur Savièseporte hinüber, um dem Feinde eiligst in die Flanken zu fallen. Zu gleicher Zeit trafen auch die Männer aus Savièse und der Umgegend ein und zogen mit ihnen in den Kampf. Und es war eben Mittag und die Glocke läutete zum Gebete. Alle warfen sich auf die Knie und beteten laut den "englischen Gruss". — Sieh! da erschien auf der Ringmauer eine wunderschön glänzende Frau, die huldvoll auf die betende Schar herabblickte und sich dann voll Ernstes gegen den Feind wandte. Auch die Savoyer sahen die Erscheinung; sie sprachen daher sehr kleinlaut: «O weh! jetzt ist die Windelwäscherin auch da — wir sind verloren!» — Voll Mut und Vertrauen standen die betenden Männer auf, jagten die Feinde in die Flucht und befreiten die frohlockende Stadt.
Das geschah am 13. Wintermonat, welcher Tag für Wallis ein Festtag wurde. — Auch war das Bild der Muttergottes auf der Gundisporte zu sehen, so lange dieses Tor noch stand.
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch