Vor alter Zeit stritten sich die Leute von Gundis, dem Herzoge von Savoyen untertan, mit den Bürgern von Savièse lange herum um den Besitz der Hochalpe Berzé des Sanetschtales. Man will über diese Wirren noch Urkunden finden. — Der Sage nach waren es drei Ratsherren von Savièse, welche diese futterreiche Alpe den Leuten von Gundis verkauften und das Geld dafür in den Sack steckten. Damit waren aber die Savièser nicht einverstanden und es gab des Haders und des Zankes viel.
Eine gütliche Verständigung war nicht mehr zu hoffen; darum wollten die Leute von Gundis die gekaufte und bezahlte Alpe mit Gewalt in Besitz nehmen. Sie wandten sich an ihren Schutzherrn, den Herzog von Savoyen um Hülfe, die nicht lange auf sich warten liess. Auch die Savièser waren nicht kurzsichtig und untätig; sie entboten ihren Freunden im Oberwallis um Unterstützung und diese konnten ihre Verbündeten auch nicht im Stiche lassen. Ihren Zuzug wollten sie aber verborgen halten; gingen darum nicht die gewöhnlichen Wege über Savièse auf's Sanetschtal los — waren vielleicht vom Feinde abgeschnitten — sondern stiegen hinter dem Berge Prabé über das Gebirge und kamen nach langen Umwegen ins Sanetschtal herab. Bald entbrannte der Kampf mit Wut und entschied zu Gunsten der Gemeinde Savièse. Die Alpe blieb nun im Besitze dieser Gemeinde bis auf den heutigen Tag; und das Gerede ist noch nicht verstummt, sie wäre den Gundisern, als Parteigängern des Herzogs, mit Gewalt entrissen worden.
Die drei Ratsherren aber, welche den Savièsern diese schöne Alpe verschacherten und dafür das Geld einsackten, scheinen sich im Jenseits nicht gar so wohl gebettet zu haben; man will sie seither oft kohlenschwarz auf schwarzen Rossen die Alpe auf und ab galoppieren gesehen haben.
Auch soll lange Zeit ein schwarzer Hirt mit Hirtenstab und umgürteter Lecktasche regelmässig um zwei Uhr in der Nacht aus dieser Alpe in die Nachbaralpe hinübergekommen sein, der boshaft das Vieh vom Nachtlager auftrieb, dasselbe anlockte und voranschreitend nach der Alpe Berzé führte. Unaufhaltsam folgte diesem Entführer alles Vieh und liess sich erst bei grauendem Tage wieder zurücktreiben.
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch