Manche Barbareien mögen wohl von einzelnen rohen und dummen Bauern, die keine Kriegsregel kannten, verübt worden sein. — Sie glaubten nämlich, dass dies gegen einen überlegenen Feind, der ihr Vaterland räuberisch angefallen, geplündert und verwüstet hat, erlaubt sei. Ein solcher Irrtum ist wohl verzeihlich. — Aber womit sollen wohl die französischen Republikaner ihre Gräueltaten beschönigen, die sie an einem kleinen, ebenfalls freien Volke begangen haben? — Nach dem das Wallis meist erobert und schon Pardon ausgegangen war, geschah es in Naters, dass eines Morgens ein französischer Offizier mit seiner schönen und jungen Frau ob dem Dorfe spazieren ging. Da knallte plötzlich ein Musketenschuss in der Gegend vom Klosi und auf den Tod getroffen sank die schöne Frau an der Seite ihres trostlosen Gatten zusammen. — Welcher dumme Teufel diesen mörderischen Schuss getan, konnte man nie erfahren. Man kann sich die Aufregung dieses Offiziers und seiner Waffenbrüder über eine solche schändliche Tat denken! Wie angeschlossene Löwen drohten sie diesem Volke, Tod und Verderben. Ein schrecklicher Sturm entlud sich über dem Haupte dieser armen Bergbewohner; — raubend, mordend und verwüstend durchstürmten sie den ganzen Berg von Naters. Im Moos, Geimen und Melbaum, usw. tat sich bei Nacht der Himmel flammend auf und machte alles in weiter Ferne taghell. Sie wollten die Freiheit und Gleichheit diesem unabhängigen Volke mordend und raubend, nach französischer Art, aufdrängen und den schönen Sieg mit einer grossartigen Beleuchtung verherrlichen.
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch