Von den Godverjinen — Zwergen — Erdmännlein — wird auch in Zermatt viel erzählt. Man glaubt, sie seien braun von Farbe, klein von Gestalt und gering und zerlumpt in Kleidern gewesen. In Zermatt und in der Umgegend wurden sie von heranrückenden Ansiedlern immer mehr verdrängt; darum hausten sie da zuletzt nur noch in den Bergen. Ihre Wohnungen schlugen sie in Berghöhlen auf, von denen noch einige sollen zu sehen sein; die meisten sind aber jetzt von dem Gorner- und Monte-Rosa-Gletscher verschüttet. Man behauptet, die Godwerjini hätten grosse Löcher in die Felsen geschnitten mit engem Eingange und inwendig grösserem Raume zum Wohnen.
Unter den vielen Sagen, die von den Zwergen noch unter dem Volke leben, wird auch erzählt:
Zwei Godwerjini, ein altes und ein junges, hätten Behagen gefunden und sich erfrecht, einem Bergmanne auf der Hochalpe in den Milchkeller einzubrechen und Milch und Nidel — Rahm — zu naschen. Das lag unserm Bauer nicht recht bequem; er sann auf Mittel, dem Ding abzuhelfen. Er schloss anfangs den Keller fester; — half nichts. Dann begann er aufzupassen; — die Diebe kehrten sich nicht daran. Mit offener Gewalt und von Arm getraute er sich nicht sie anzugreifen, weil er schon wusste, er würde das teuer bezahlen. Darum ersann er eine List; er nahm eine Handwanne und verbarg sich im Keller darunter. Als die Diebe wieder kamen, begann er mit der Wanne zu rütteln und zu lärmen, in der Hoffnung, sie würden voll Angst auf und davonspringen. Wirklich wurde der Junge scheu und wollte davon; aber der Alte zog ihn zurück und lachte: «Lass du d'Wanderle nur rüsten und schlapps du brav!»
(erzählt von Herrn Kaplan Mooser)
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch