Vor alten Zeiten, als noch wenige, aber wohlhabende und starke Leute auf Grächen wohnten, kam einst ein Fremder auf diesen Berg, der sich für einen grossen Schwinger ausgab. Er forderte auch die Grächer heraus, ob jemand unter ihnen sei, der mit ihm einen Schwungkampf wagen dürfte. Man erwiderte ihm, zum Hochstadel seien die zwei Brüder Karlen, die könnten es vielleicht mit ihm wagen. Der Schwinger verfügte sich alsogleich zu deren Haus in Begleitung viel Volkes, welches diesen Zweikampf mitansehen wollte. Die Brüder waren den Augenblick abwesend; daher wurde die Mutter gefragt, welcher von ihren zwei Söhnen der stärkere sei. Die Mutter gab zur Antwort, das wisse sie nicht recht; nur wisse sie, dass der eine zwei Finger im Kessel gesottenen Anken tiefer hinab saufen möge als der andere. Bald kamen die zwei Söhne aus dem Walde und jeder brachte auf der Achsel ein Zimmerholz. Der Schwinger forderte sie nun heraus und der, welcher zwei Finger tiefer im Kessel gesottenen Anken zu saufen vermochte, nahm die Herausforderung an. Als sie auf einander losgingen, fasste der Grächer den Schwinger um die Mitte und presste ihn mit solcher Kraft an seinen Leib, dass derselbe flach gedrückt tot zur Erde fiel. — Wer sucht der findet. — Die stärkste Ringkuh findet ihren Meister.
Eine ähnliche Geschichte aus Sitten erzählt von einem Ausserberger, der eine junge Birke als Schlinge um den Leib wand und selbe auf einmal gegen den fremden Schwinger so losschnellen lies, dass dieser über die Mitte des Leibes entzweigehauen wurde. Der Vater dieses Aussenbergers soll einem jüngeren Sohne, der die Kraft nicht hatte wie dessen Brüder, Bäume samt der Wurzel auszureissen, mit der Hand die Hirnschale eingedrückt haben.
Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch