Ums Jahr 300 nach der Geburt des Heilandes muss es gewesen sein, da kamen über die Steinöden und Firnen des Kistenpasses zwei Flüchtlinge ins Glarnerland. Mit Müh und Not waren sie, ein junges Christenpaar, der Niedermetzelung durch die Heiden im Wallis entgangen und hofften, jenseits der Alpen bei guten Leuten Unterkunft und Obdach zu finden. Weit hinten im Land, dort wo sie den Talgrund erreichten und erstmals auf unserm Boden ihren Durst löschten und nach gefahrvoller Wanderung ausruhten, heisst ein Wässerlein heute noch «die Felix-und-Regula-Quelle».
Auf dem Burghügel zu Glarus fanden sie in einer Höhle Unterschlupf und mögen dort eine Zeitlang ein kümmerliches Dasein gelebt haben, denn nicht alle am Bord der Linth waren ihnen gutgesinnt, und niemand im Lande kannte die neue Lehre vom Evangelium Christi. Wunderliche Dinge wurden von den beiden erzählt; das Wunderlichste aber ist ein Stein, in welchem sich die klammernden Hände der beiden Geschwister eingepresst haben sollen. 1762, als man die Kapelle über ihrer Höhle neu erbaute, hat man das seltsame Steingebilde aus seinem Dunkel geholt und in die Kapellenwand eingemauert, wo es heute noch zu sehen ist.
Dann zogen die beiden aus dem Land, der Stadt Turicum zu, wo sie freilich noch weniger Liebe fanden als bei den Bauern und Jägern in den Bergen. Sie wurden zusammen mit ihrem Freund Exuperantius hingerichtet um ihres Glaubens willen. In der Nacht darauf aber sollen sie gelassen ihre Köpfe von der Richtstätte hinüber auf jenen Grund und Boden getragen haben, auf dem heute das Gotteshaus zum Grossmünster sich erhebt. So sind sie zu sehen auf jedem Amtssiegel der Stadt Zürich.
Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch