«Als im Augsten (1766) viele Bürgere zu Lüestel unter ihrem Geflügel schon eine geraume Zeit grossen Schaden erlitten, wurden sie räthig als wan etliche Iltis solches veruhrsachten. Diesem vorzukommen richtete H. Heiniman, Chirurgus, etliche Nächte eine Marderfalle, war auch so glücklich, dass er einen geglaubten Iltis gefangen. Da er solchen morges mit noch etlichen Nachbaren sechen wolte, erschracken sie, dass dieses Thier oben auf- fern Kopf eine Chron, feurige Augen, kurtzer dicker Schnabel und drum herum lange Haar hatte, auch dan und wan in der Fallen rasete und ausser- ordlich Laut gab.
Da man solches vernahm, wurde in gantz Lüestel Lermen gemacht und lauften bey 100 Manns- und Weibervolck zusammen und betrachteten solches Wunderthier mit grossem Schrecken. Ueber solches ist viel lächerliches und unglickliges Raisoniren ergangen. Beyde H. Schuldheissen, H. Geistliche und Beysitzer und andere rahtschlagdten, was dies für ein Thier sein möchte und wie man es fangen könnte. Viele sagdten, man solle es erträncken, andere man solle es mit der Fallen an der Stadig verbrennen. Da man aber überhaupt glaubte, es seye ein feuerspeuenter Track, sagdten viele, man solle beyde Thor zuthun und fleissig bätten, es bedeut der Statt Untergang. Draguner und andere Militair greiften zum Gwehr; viele kamen mit Halebarden, Brüglen, Degen und Stangen herbey und wollten diesen Track tod schüessen oder schlagen. Den besten Raht gab Meister Rud. Ertzberger oder der sogenandte Löckli-Rudi und sagdte, man solle um die Fallen herum mit obigem Gewehr parad stehen und um ein tratene Fischer Wadle einen grossen Wullensack wicklen und vor die Fallen heben und dieses Thier darein jagen. Inzwischen verschliessten sich Weib und Kinder in ihre Häuser und bäten inbrünstig um ihre Vätter und Männer.
Endlich hatte sich dieser feuerspeuente Track in eine bruetige Hennen oder Gluckseren verwandlet und ist auf diese Art gefangen worden. Da sie aber gesechen, dass dieses arme Vüech vor Aengsten ein Ey fallen liess, hatten sie erst geglaubt, dass es ein Huhn und sie betrogen waren. Mithin hat sich dieser Lüestler Casus anfangs erbärmlich, aber nachgehents lächerlich und ohne Lebensgefahr geendet.
Das merckwürdigste war, dass dergleichen gauragirte und wohl exercirte Leuthe wie die Lüestler waren, eine solche einfältige That sollen begangen haben. Mithin sind sie noch mehr als die tapfren Schwaben, welche gegen einen Hasen gestritten, auslachungswürdig gewesen.»
Liestal
Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.