«Das gewöhnliche Volk erzählt eine Wundergeschichte: Es sei hier unter der Erde eine Schatzkammer verborgen, die eine grosse Menge Gold enthalte, welches von den Römern dorthin gebracht worden sei. Zu dem Ort gelange man durch diese (vorher genannten) Gänge. Die Kammer sei durch eine Eisentüre verschlossen. Ein Hund halte Wache und sperre das Maul auf, als wolle er die, welche allzu nahe herankämen, verschlingen. Deshalb fand sich bis anhin keiner, der so kühn gewesen wäre, es mit dieser Bestie aufzunehmen.
Aber vor wenigen Jahren — ich erzähle kein Märchen — war da einer, der in grösster Armut lebte und dem es trotz allen Anstrengungen auch nicht zu einem bescheidenen Leben reichte; er hatte aber Weib und Kinder zu ernähren, es herrschte Teuerung, und ein Handwerk konnte er nicht. Da beschloss er sein Glück zu versuchen, denn er dachte, es sei besser, einmal zu sterben, als Tag für Tag so grosses Ungemach zu tragen, gegen das kein Kraut gewachsen sei.
Also kroch er, in der Hoffnung, den Schatz zu gewinnen, ganz allein tief in das unterirdische Gewölbe hinein und irrte lange darin herum. Als er aber, wie er meinte, zur Schatzkammer gelangt war, erblickte er dort Menschenknochen, die ihm anzuzeigen schienen, dass da einst Menschen, die dasselbe gewagt hatten, zerrissen worden waren. Als er auch noch – ich weiss nicht, was für welche – Gespenster sah, wurde der Unglückliche so von einer plötzlichen Furcht befallen, dass er lange einem Toten gleich liegen bleib. Nachdem er sich endlich ein wenig erholt hatte, kroch er, von allen Kräften verlassen, langsam wieder heraus. Er ging heim, und am Tage darauf starb er…Aber dergleichen Dingen darf man nicht Glauben schenken.»
Augusta Raurica
Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.