Im Unterdorf in Näfels standen einst einige stattliche Bauernhäuser inmitten prächtiger Wiesen und Hoscheten. Wer da aber glauben würde, jene Bauern hätten ihren Wohlstand und ihr Glück zu schätzen gewusst, hätten Gott dafür gedankt und seien abends mit zufriedener Seele eingeschlafen, der täuscht sich. Zwietracht, Argwohn, Neid, Verleumdung, Hass und was der Teufel an solchen Lastern in des Herrgotts Welt eingeschmuggelt hat, nistete in ihren Herzen. Darum verbrachten sie ihre Tage in Zank und Ärger. Endlich musste der Schlimmste von ihnen sein Gut fahren lassen, weil er vom Tod abgeholt wurde.
Von diesem Tage an sah man nachts oft einen Lichtschein in jener Gegend umherhuschen. Manchmal leuchtete er blitzartig auf, als spiegle sich der Mond in einer mähenden Sense. Und wirklich lag anderntags auf diesen Wiesen das Gras in dichten Mahden, doch war es steinhart, und keine Kuh hätte auch nur ein Maul voll davon gefressen.
Merkwürdigerweise blieb der Mähder selbst unsichtbar. Jeder, der sich dem geisterhaften Sensenmann näherte, fiel zu Boden und wurde dort von einer sonderbaren Gewalt festgehalten, bis die Wiese gemäht war. Niemand zweifelte daran, dass es der zänkische Bauer war, der nun als Nachtmähder seine Schuld abbüssen musste. Dies mag ihm nun gelungen sein, denn in neuerer Zeit sah man den geheimnisvollen Lichtschein nie mehr.
Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch