Aus einer Höhle am Silberspitz oberhalb der Mürtschenalp fliesst das pure Gold, aber nur an Mariä Himmelfahrt, kurz vor Sonnenaufgang. Das wussten vor allem die Venediger und die fahrenden Schüler, von denen mancher dort oben zu grossem Reichtum kam. Einmal wollten zwei Kerenzer, Peter Heussi und Tagwenvogt Schrepfer, am Silberspitz ihr Glück versuchen und stiegen an jenem heiligen Tage zur Höhle hinauf. Kurz vor dem Loch sperrte ihnen ein vorspringender Felsen den Weg, und wie sie sich anschickten, das Hindernis zu überklettern, stürzten sich zwei mächtige Raben mit wütendem Gekrächze auf sie herab. Der Tagwenvogt bekämpfte die Vögel, während Heussi zur Goldquelle vordrang. Doch mussten die Sonnenstrahlen die Höhle bereits gestreift haben, denn als Peter die glückverheissende Stelle erreicht hatte, floss kein Gold mehr. In einem Umkreis von mehreren Schritten war das Gras versengt und die Alpenrosenbüsche verkohlt, als ob eben hier Brände gelöscht worden seien. Enttäuscht kehrte Heussi zu seinem Begleiter zurück. Der Tagwenvogt hatte inzwischen die Raben glücklich vertrieben. Da gewahrten die beiden Goldsucher am Himmel ein kleines gelbgraues Wölklein, das unversehens grösser wurde und zu einem wahren Berg anwuchs, aus dem plötzlich ein schwerer Hagel herniederprasselte. Das Unwetter verfolgte die fliehenden Männer bis auf die Alp hinunter. Merkwürdigerweise fiel das Gewitter nur auf die beiden Kerenzer, während sonst ringsum alles verschont und trocken blieb. Heussi und Schrepfer wagten sich nie mehr in jene verzauberte Gegend hinauf.
Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch