Ja, das hat man uns Kindern zu Hause oft erzählt von der Armen Seele, die auf dem Brand einem Näfelserbergler erschienen ist. Es war auch einmal in einer dunklen Nacht. Einer aus den Näfelserbergen stieg mit einer Sturmlaterne in der Hand von Näfels her gegen den Brand. Dort lagen eine Anzahl gefällter Baumstämme aufgeschichtet zum Abtransport bereit. Wie der Bergler gegen den Niedersee weiterschritt, hörte er plötzlich seinen Namen rufen: «Fridio, Fridio!» Nun erkannte er die Stimme. Es war ein kürzlich verstorbener Freund, der ihm rief. Erstaunt fragte der Angerufene: «Ja, was witt dä du nuch? Du bisch doch schu lang überänne!» Der Tote sagte nun: «Ja, schu, aber weisch, ich han da emal emene arme Puurli, wo a dr Brugg unde deheimed isch, es paar Trämmel gstole. Und ietz hani ebe kei Rueh i der Eebigkeit änne. Tue mer au um Gotts wille dr Gfalle und gang zuenem. Zal em’s und säg, er sell mer vergih!» Der Lebende versprach dies seinem toten Freund. Doch er wollte nun von der Armen Seele noch etwas mehr wissen und fragte: «Du säg, wie isch es au eso det änne?» Darauf antwortete die arme Seele tiefernst: «Gottes Grächtigkeit isch sträng, mih z’säge hani vu Gott ekei Chraft.» Die Arme Seele hatte dies so ernst gesprochen, dass dem Bergler die Lust am Weiterfragen verging. «Er hät ebe-n-e hööcheri Macht gspüürt.» Am nächsten Tage löste er sein Versprechen ein. Seither hat niemand mehr etwas von dieser Armen Seele gehört.
Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch