Schilligloch

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Früher war der Kilbizystig zu Näfels noch hoch in Ehren gehalten, denn da kam die Bauernsame zum Oberseemarkt zusammen und handelte und festete auf ihre Art, und nach so einem Markttag zog ein Bauer langsam wieder seiner Alp am Rütiberg zu, Schritt für Schritt. Er war guter Laune, denn er hatte das Rindli, das er aufgezogen, um gutes Geld verkauft, und die Gulden klimperten in seinem Hosensack ein kurzweilig Lied. In Gedanken legte er sie alle, ohne auch nur einen einzigen aufzubrauchen, in den heimlichen Strumpf, den er seit Jahr und Tag unter dem Laubsack verborgen hielt und den er jeden Regentag, wenn er mutterseelenallein auf der Alp war, nachzählte, denn der Geiz ist ein übles Laster. So kam er denn nach einer knappen Stunde gemächlichen Schrittes vor das Alpgatter. Da schaut er sich nach allen Seiten um, ob keiner ihn sehen möchte, und zieht den bockledernen Beutel aus dem Sack, um seine Barschaft in aller Ruhe nachzuzählen. Wie er sie aber auf einen flachen Stein ausschütten will, da fällt ihm ein Schilling ins Gras, und so schnell er sich auch bückt, er entrinnt ihm und schlüpft in ein Loch. «So fahr i d Hell, Trabant!» flucht er und schaut ihm nach, wie er tiefer und tiefer rollt, als grabe er sich selber ein Loch in den Erdboden, immer tiefer und tiefer durch dicke Wurzeln und hartes Gestein, durch Klüfte und Höhlen bis in die Mitte der Welt, wo der Teufel daheim ist. Und da sah der Bauer auf einmal mitten in Höllenglut und Glanz hinein und erschrak wie nie in seinem Leben. Dass er sich aber eine Lehre daraus gezogen und vom Geiz gelassen hatte, davon weiss niemand etwas.

Ob er das Loch später wieder gefunden hat, ist nicht sicher und heute weiss kein Mensch mehr genau, wo er es suchen müsste.

 

Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch

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