Es lebte einmal ein stämmiger Bauernknecht, der Jahr für Jahr den Sommer auf der Alp zubrachte. Seiner Seele fragte er wenig nach; um so mehr freute er sich seiner wirklich gewaltigen Körperstärke und rühmte sich, weit und breit der Stärkste zu sein. Zum Meister prahlte er eines Tages: «Nur noch einmal steige ich mit euch dahinauf; dann bin ich so stark, dass ich’s selbst mit dem Teufel aufnehmen kann.» Der Bauer erschrak, getraute sich aber nicht zu widersprechen. Doch ehe der nächste Sommer ins Land zog, war der Knecht tot.
Als der Meister wieder einmal mit Speis und Trank auf die Alp ging, bemerkte er neben sich eine grosse Gestalt. Es war ein mächtiger Kerl der einen breitrandigen Schlapphut bis zu den buschigen Augenbrauen herabgezogen hatte. Da es gemütlicher ist, zu zweit zu wandern, wollte der Bauer mit dem Unbekannten ein Gespräch beginnen und fing von Wetter, Heu und Märkten zu reden an, denn das beschäftigte ihn am meisten. Der andere schritt totenstill neben ihm her. Das dünkte den Bauern doch etwas unheimlich, so dass er seine Schritte beschleunigte, obschon der Weg ziemlich steil war. Doch der Grosse wich nicht von der Seite. «So geh ich langsamer», dachte der Bauer, «dann merkt er’s, dass ich ihn satt habe.» Aber der Fremde verlangsamte seinen Marsch ebenfalls, und als der Bauer still stand, hielt auch der Nebenmann an. Da erfasste die Angst den guten Bauersmann. Er fing an zu laufen was er vermochte. Der kalte Schweiss drang ihm aus den Poren, wenn er zu seinem Begleiter hinüberschielte. Endlich verschwand dieser im Wald und jetzt erst fiel es dem Verängstigten ein, dass dies der Geist des verstorbenen Knechts sein könnte. So war also der Teufel doch der Stärkere gewesen.
Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch