Sagenumwoben sind vor allem die vielen Burgen und Schlösser. Vor mehr als hundert Jahren konnte man bei niedrigem Wasserstand im Grunde des Bodensees bei Güttingen Mauerreste sehen. Hier ist einst im See die Wasserburg der Freiherren von Güttingen gestanden, die drei Burgen ihr eigen nannten.
Als einst eine grosse Teuerung in das Land hereinbrach, da gehörten die Herren von Güttingen zu jenen Unbarmherzigen, die sich trotz gefüllter Speicher ihrer hungernden Leute nicht erbarmten, während sie selbst in Saus und Braus lebten. Als die Not immer grösser wurde, scharte sich das Volk plötzlich zusammen und bat gemeinsam die Herren um Brot. Diese aber lockten die Bittenden in eine alte Scheune, liessen dieselbe durch ihre Knechte schliessen und anzünden. Während die Unglücklichen laut wehklagten und um Erbarmen flehten, höhnte einer der Freiherren verächtlich: „Hört, wie die Mäuse pfeifen!" Die Leute in der Scheune sind alle verbrannt. Aber sie wurden von den Mäusen, die der Freiherr rief, gerächt. Denn in den Burgen der Herren von Güttingen wimmelte es auf einmal von Mäusen, welche die Burgbesitzer belästigten und sie zwangen, auf ihre Wasserburg im See zu flüchten. Aber auch auf diese folgten ihnen die Mäusescharen nach und frassen die Freiherren schliesslich bei lebendigem Leibe auf. Nicht lange nach ihrem Tode zerfiel die Wasserburg und versank im Bodensee.
Quelle: Ferdinand Bolt, Die Sagenwelt am Bodensee, Appenzeller Kalender 1956
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch