Der Unkenbrenner

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Anno 1426 kam ein Abenteurer aus fremden Landen nach Schaffhausen, der anerbot sich, Silber aus Blei zu brennen und Gold zu machen. Ob seines Tuns erstaunte jedermann, und alle glaubten ihm. Er wurde in grossen Ehren gehalten, und männiglich nannte ihn den «Unkenbrenner». Nun lebte zu jenen Zeiten in Schaffhausen ein reicher Mann, der hiess Götz und war der Schultheiss der Stadt. Diesen verleitete der Abenteurer, mit ihm gemeinsame Sache zu machen und Gold und Silber zu brennen. Sie trieben es lange so. Und die Leute hatten keine Bedenken, war doch ihr Bürgermeister dabei. Im Gegenteil, sie beeilten sich, des Abenteurers Diener und Helfer zu werden. Die Stadt hatte sogar, wie die Chronik berichtet, den Unkenbrenner «vast liep», und sie verlieh ihm grosse Freiheiten, da er versprach, sie reich zu machen. Ja, auch Vornehme und Ritter vertrauten ihm und wurden seine Begleiter und waren stets um ihn.

Als aber der Unkenbrenner vernahm, dass die Bürger der Stadt Konstanz und insbesondere der Bischof seinem Handwerk keinen Glauben schenken wollten, machte er sich auf, ritt wie ein mächtiger Fürst mit hundert Pferden, begleitet von vielen Rittern und Knechten, nach Konstanz. Auch hier vollführte er seine Kunst dermassen, dass er viele Anhänger gewann: Geistliche und Laien, Männer und Frauen. Sie alle liehen ihm viel Geld, worauf er ihnen grosse Versprechungen machte.

Und als des Unkenbrenners Zeit in Konstanz um war, zog er wieder nach Schaffhausen. Hier stand er in so hohem Ansehen, dass ihm ein vornehmer Ritter aus dem Hegau, Heinrich von Randegg, seine Tochter zur Frau gab. Nachdem aber der Unkenbrenner sein Abenteurerleben lange genug geführt und viel entliehenes Geld und Gut vertan hatte, wollte er entfliehen. Der Adel im Hegau wurde jedoch seiner habhaft, nahm ihn gefangen und kerkerte ihn auf der Burg Hohenkrähen ein.«... und das tett», erzählt die Chronik, «Cunrat von Fridingen und der Tettinger. Des selben koment sy in gar groß unfrüntschafft mit der statt Schaffhusen und och andren, die inn gern hettent geliebt.»

Der Unkenbrenner sann auf Mittel, wie er der lästigen Burghaft ledig werden könnte. Man merkte dies und verschärfte die Bewachung. Trotzdem gelang es ihm zu entkommen und bis vor die Stadt Schaffhausen zu fliehen. Allein, der von Tettingen verfolgte den Davoneilenden mit einer Schar von Knechten, ergriff ihn vor dem Schwabentor und schlug ihn tot. Jetzt erst erfuhr man, seufzt der Chronist, «das es ain trugnust» war mit dem Unkenbrenner. Alle Leute, die ihm Geld geliehen hatten, kamen «in großen kumer und schaden».

 

 

Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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