(Zweite Version)
Das Neuneglöcklein in Schaffhausen rührt schon seit der Zeit der Kreuzzüge her. Damals verließ daselbst Ritter Egbert seine geliebte Gattin Bertha nach zärtlichem Abschiede, nahm das Kreuz und zog nach Palästina. Er tat Wunder der Tapferkeit, wurde aber in einer Schlacht schwer verwundet und blieb in Folge davon am rechten Arm gelähmt. Kampfunfähig geworden, zog er wieder heim. Schon hatte er bei einbrechender Nacht den Wald vor seiner Vaterstadt Schaffhausen erreicht, da brach ein fürchterliches Gewitter los, in dessen Schrecknissen Egbert mit einem Knappen von dem übrigen Gefolge getrennt wurde und bald darauf über den jähen Abhang herab mit seinem Pferde in den tobenden Rhein stürzte und ertrank. Es war eben die neunte Stunde Abends, als der zitternde Knappe die Schreckenskunde seiner Herrin überbrachte. Diese entsagte sofort der Welt, nahm im Allerheiligenkloster, wo ihr Gatte mit Schild und Schwert als der Letzte seines Stammes in einem steinernen Sarge ruht, den Schleier als fromme Nonne und machte die Stiftung, dass jeden Abend um die neunte Stunde ein Glöcklein geläutet werde, um den späten Wanderer bei Nacht und Nebel zurecht zu weisen. Seit dieser Zeit wird bis auf den heutigen Tag in der Stadt Schaffhausen vom hohen Turme alle Abende das helle Neuneglöcklein geläutet.
Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch