Um die Zeit der Reformation, etwa im Jahr 1530, lebten in Rüdlingen zwei reiche Brüder, Simmler zum Geschlecht. Der Eine von ihnen nahm die reformierte Lehre an und „schanschirte“ seinen Glauben, während der andere dem Glauben seiner Voreltern treu blieb. Der letztere nahm sich, wie mehrere Andere, vor, er wolle mit seiner Familie auswandern und sich irgendwo im Badischen oder im Unterland sesshaft machen. Gesagt, getan. Sein Bruder, der Reformierte, begleitete den Abscheidenden noch eine Strecke weit den Graben hinauf bis an die Stelle, die jetzt „Steinenkreuz“ heißt. An der Kreuzstraße, wo die Wege nach verschiedenen Richtungen auseinander gehen, standen sie mit einander stille. Hier gruben sie einen Stein mit einem roh ausgehauenen Kreuz in den Boden. Über dem Kreuz gaben sie sich die Hände zum Abschied und tranken noch „eins“ mit einander. Die Trennung „suchte ihnen recht nach“, so dass sie anfingen zu weinen und einander umarmten. Da machten sie noch mit einander aus, sie wollen als treue Brüder alle Jahre bei dem Kreuz zusammen kommen, zum Andenken an diesen traurigen Tag. Der katholische Bruder ließ sich auf dem Altföhren-Hof nieder, von wo aus man das „steinerne Kreuz“ mit scharfen Augen noch erblicken kann. Die Simmler in Nack sollen auch von ihm abstammen.
Vor etwa 20 Jahren habe man beim Marksteinsetzen den Stein aus dem Boden graben wollen. Aber dem, welcher ihn ausheben wollte, seien drei Tropfen Blut aus der Nase auf den Stein gefallen, und vor Schrecken habe man denselben an seiner Stelle gelassen. Auch habe seither es Niemand mehr gewagt, etwas daran zu machen.
Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch