Das traurige Kind

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Auf der Öle in Reiden hatte ein Ehepaar zwei Kinder, einen Knaben und ein Mädchen. Die Frau war Hebamme und wurde in ihrem Berufe in Anspruch genommen. Sie empfahl die Obhut der Kinder angelegentlich dem Vater. Zu besserer Aufsicht nahm er das Söhnchen mit in die Öle. In einem unbewachten Augenblick verliess das Kind seinen Ort, ging und fiel in den nahen Teich, wo es ertrank. Die Mutter beweinte hernach unaufhörlich den Verlust und war untröstlich. Nach einigen Tagen war es ihr, als höre sie nachts liebliches Getön. Sie öffnete das Fenster und sah um den Teich eine Schar Engel mit Musik sich erfreuen. Ihr Kind war in ihrer Mitte, aber traurig stand es da unter den fröhlichen. Die Ursache ward nun der Mutter zu wissen getan, es war ihre allzugrosse Trauer, denn diese stört die Freude und Ruhe der Abgeschiedenen.

 

Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch.

 

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