Bis auf den heutigen Tag hört man davon reden, die Luzerner hätten einmal beim Papst zu Rom um einen heiligen Leib angehalten, aber zur Antwort bekommen: „Ihr habt daheim heilige Leiber unter dem Galgen, zieht vorerst diese zu Ehren.“ Wer diese heiligen Leiber seien, weiss das Volk ebenfalls zu deuten. Es sind Männer, die beim grossen Bauernkrieg von 1653 an der Spitze standen und deshalb hingerichtet wurden Sie waren von den einen ebenso verabscheut als von den andern gehoben.
(Beispiele: Steiner, Ruodi Stürmli, Fridli Bucher, Krummenacher, Oberst Amstein, Gundeldinger und viele andere. Hier zwei Geschichten von „heiligen Leibern“. Anm. der Red.)
Ist es ein Nachhall von dem Luzerner Fridli, was man sich in Uri von einem gewissen Fridlich berichtet? Dieser, in den Rat nach Uri gewählt, sah einigen Kollegen bei einer Abstimmung das Feuer zum Mund aus flammen. Er verheimlichte dieses nicht und die beleidigten Miträte führten Klage. Da er nicht freiwillig sich vor Rat stellen wollte, liess man ihn auf seiner Alpe fangen. Nachdem er diejenigen bewirtet, welche diesen Auftrag zu erfüllen hatten, ging er willig mit. Statt seine Worte zu widerrufen, beteuerte er sie standhaft und wurde deshalb hingerichtet. Als sie ihn aus dem Kerker führten, läuteten die Glocken von selbst. Das Volk betrachtete ihn als einen Heiligen.
Roni Sattel von Mosen (Kts. Luzern) heiratete ein Edelfräulein. Er wurde deshalb, weil nur gemeinen Blutes, eingezogen und sollte entsagen. Das wollte oder konnte er nicht und erlitt den Feuertod. Auf der Heide, wo der Holzstoss errichtet war, sah Roni drei Blümlein blühen. Das Volkslied sagt, dass er sie gepflückt und mit ins Feuer getragen habe. Die rechte Hand samt den Blumen blieb unversehrt und drei weisse Tauben begleiteten Ronis Seele zum Himmel. Die sieben Ratsherren hingegen fuhren auf sieben kohlschwarzen Rappen in die Hölle.
Ronis Gebeine seien unter dem Galgen bei Luzern begraben worden und galten beim Volk als heilig.
Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch.