Meine Sage geht um eine Kleinigkeit von 1466 Jahren zurück und gelangt zum Jahr 398, da Papst Anastasius und Kaiser Honorius von den 3 Ländern Hülfe verlangten und erhielten. Denn die Goten unter König Alarich waren in Italien eingefallen und bedrohten schon die Stadt Rom. Und sie halfen — sagt Businger — mutig und kraftvoll den Feind abwehren von den Mauern der Hauptstadt der Christenheit. Als nun die Länder, damals Schneeberger genannt, auf den Kampfplatz kamen, sah ihr Heerführer ein, dass Streit und Angriff unnütz und für sie verderblich sei, wenn man nicht auch von der andern Seite her im nämlichen Augenblicke dem Feind tüchtig zu Leibe gehe. Von dieser Notwendigkeit wollte er den General des Papstes oder Kaisers brieflich überzeugen. Der Bote hatte aber, um in die Stadt zum Befehlshaber zu gelangen, neben dem feindlichen Lager einen breiten Fluss zu durchschwimmen. Wer war der kühne Recke, der sich für dieses Unterfangen stellte? Ein armer Jüngling von Sachseln, Namens Anderhalten. Man band ihm zwei Briefe in Wachstuch eingewickelt in seine langen Haupthaare, dann begab er sich auf den Schlich. Der erste Brief war für den ersten römischen Wachtposten, um passieren zu dürfen, der andere an den Commandanten. Alles gelang nach Wunsch. Er schwamm wie ein Fischotter hin und her. Der Angriff ward auf eine mondhelle Nacht festgesetzt und unternommen. Die Länder siegten. Nun soll Papst Anastasius befohlen haben, dass die Familie Anderhalten in Sachseln in ihrem Wappen führen solle einen Fluss, auf dem ein Pfeil schwimmt; dieses in der Mitte des Schildes. Unter dem Flusse den Mond, oben die Sterne.
Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch.