Der Bannhölzler (Alois Lütolf, Fassung a)

Land: Schweiz
Region: Walchwil
Kategorie: Sage

Im mittleren Rossberg starrt die Bannhölzler-Flue empor, von welcher im Munde des Landvolkes folgende Sage geht:

Walchwil war vor uralten Zeiten ein kleines Gemeindlein. Eine reiche Frau in Luzern hatte 4000 Gulden Kapital auf dem Walchwiler-Berg, oder der Allmend, welche sie einem „Gottli“ in Walchwil zum Geschenke machte. Die Gemeinde vergrösserte sich, jedoch war die Allmend für ihren Bedarf noch überflüssig gross. Anstossende Besitzer der Gemeinde Zug suchten und erhielten Erlaubnis, Rinder auf die Walchwiler-Allmend auftreiben zu dürfen. Aus der unengeltlich zugestandenen Erlaubnis wurde mit der Zeit von den Zugern ein Recht gemacht. Es entstand ein ernstlicher Streit zwischen beiden Gemeinden. Nachem Zug den Streit schon zweimal verloren, sei es zum drittmaligen Prozess verleitet worden durch einen gewissenlosen und schlauen Bürger. Einige wollten seinen Geschlechtsnamen kennen. Beim Gerichte trat er als falscher Zeuge auf. Dasselbe wurde nämlich auf der streitigen Almend selbst gehalten. Bevor er auf den streitigen Platz ritt, nahm er in seine Schuhe Erde von dem Zugerboden, legte unter seinen Hut auf den Kopf einen Kamm und einen Löffel und schwur dann im entscheidenden Momente: „So wahr ich den Schöpfer und den Richter ober mir habe, so gewiss stehe ich auf Zuger Grund und Boden." In Folge dieses falschen Eides fiel der Richterspruch zu Ungunsten der Walchwiler aus.

Bald nach diesem Tage - vielleicht schon auf dem Heimwege verunglückte er an der Grenze der beiden Gemeinden — es hiess, der Teufel habe ihn geholt. Später erschien er als bösartiger Berggeist, der denen von Walchwil an ihrem Vieh viel Schaden zufügte. Man nannte ihn nur „Bannhölzler". Darauf ward er durch einen Krummenacher aus dem Entlebuch in die Flue gebannt, an welcher man heut zu Tage noch drei Löcher wahrnimmt. In das mittlere, aus welchem rotes Wasser floss, ward er selbst gebannt, in das zur Linken, das mit blauem Wasser bezeichnet ist, kam sein weisses Pferd. In das zur Rechten, woraus gelbes Wasser floss, sein Hund. Hier musste der Kobold bleiben, so lange er nicht herausgerufen wurde. Ward er mutwilliger Weise gerufen, kam er hervor, hatte aber nur auf der Allmend, nicht auf Privatgütern Gewalt. Zuweilen riefen mutwillige Knaben ihn an der Grenze und liefen bei seinem Erscheinen über die Grenze. Einem Geissbuben, der rief: „Bannhölzler! Wenn du mich erwischest, kannst mich haben", und schnell unter dem Hag durchschlüpfte, riss der Geist noch einen Holzschuh vom Fusse.

Am Walchwiler Berge stand ein Haus - da wo heute des sog. „Bolis" steht, daneben ein Kegelplatz. Eines Tages warf einer der dortigen Kegelschieber, ein frecher Bursche, geflissentlich die Kugel über das Ziel hinaus und rief: „Bannhölzler, komm hole sie." Flugs war der Geist da. Die erschrockene Jugend flieht, ein Mädchen schlüpft rücklings unter dem Grenzzaune durch. Der Bannhölzler reisst ihm im Nu die beiden Haarzöpfe vom Kopfe. Darauf nimmt er die Kugel und schleudert sie mit solcher Gewalt gegen das Haus, dass sie durch dasselbe bis auf die entgegengesetzte Seite hindurchfliegt. Noch lange nachher sah man in der Wand die gemachte Oeffnung. Später, als er immer noch Schaden anrichtete, wurde er mit Einwilligung der Walchwiler in die Drackmünd oder Pilatusberg hinein gebannt, woher er nicht eher zurückkommen soll, als bis er bei einem entstehenden Rechtsstreite von den Walchwilern zurückberufen werde. Grosseltern von noch lebenden Walchwilern wussten noch manches von dem Bannhölzler zu erzählen.

Der sog. „Gutsch-Chasper“ von Aegeri ging meist über den Pfaffenboden (da wo jetzt das Kapellchen steht) und sah dort eine förmliche Gerichgtssitzung auf freiem Platze. Der Hut wollte ihm nicht auf dem Kopfe halten, denn die Haare sträubten sich; er zog eilend weiter.

Ein anderer von Aegeri war Knecht bei einem Rechenmacher in Walchwil. Als er einst bei Tagesanbruch mit Rechen über den Pfaffenboden ging, lief der Bannhölzler, von Zug kommend, bei ihm vorbei gegen das „Zugerli“ hin

 

Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch.

Diese Website nutzt Cookies und andere Technologien, um unser Angebot für Sie laufend zu verbessern und unsere Inhalte auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Sie können jederzeit einstellen, welche Cookies Sie zulassen wollen. Durch das Schliessen dieser Anzeige werden Cookies aktiviert. Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Cookie Einstellungen

Diese Cookies benötigen wir zwingend, damit die Seite korrekt funktioniert.

Diese Cookies  erhöhen das Nutzererlebnis. Beispielsweise indem getätige Spracheinstellungen gespeichert werden. Wenn Sie diese Cookies nicht zulassen, funktionieren einige dieser Dienste möglicherweise nicht einwandfrei.

Diese Webseite bietet möglicherweise Inhalte oder Funktionalitäten an, die von Drittanbietern eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt werden. Diese Drittanbieter können eigene Cookies setzen, z.B. um die Nutzeraktivität zu verfolgen oder ihre Angebote zu personalisieren und zu optimieren.
Das können unter Anderem folgende Cookies sein:
_ga (Google Analytics)
_ga_JW67SKFLRG (Google Analytics)
NID (Google Maps)