Ein Oberemser Bursche heiratete das Türliwirli, die Tochter eines Zwerges. Die Frau bat ihn eines Tages, er möchte ihr versprechen, sie nie beim Namen zu nennen, was er auch gelobte. Im Juni ging er ins Alpwerk, und als er spätabends nach Hause kam, sagte ihm die Frau, heut hätte sie böse Zeit gehabt, denn diese Nacht werde es gefrieren, und da hätte sie das grüne Korn geschnitten und zwischen Tannenreiser gelegt. Der Mann fuhr auf und rief: "Du vermaledeites Türliwirli", doch kaum hatte er das gesagt, war sie zur Tür hinaus und verschwunden. In der Nacht gefror es, und die Saaten der Nachbarsleute gingen zugrunde.
Der Mann hatte drei Kinder, die er zu Hause ließ, wenn er auf die Arbeit ging. Da kam denn jeden Morgen die Mutter, wusch und kämmte sie, so daß der Vater, wenn er heimkehrte, die Stube aufgeräumt fand und die Kinder gewaschen und ordentlich angezogen. Da fragte er, wer das tue, er habe doch das Haus geschlossen und den Schlüssel versteckt. Die Kinder riefen, die Mutter sei gekommen und hätte das alles besorgt. Der Vater hatte ein großes Verlangen nach seinem Weibe, und er hätte ihr gerne Abbitte geleistet, wenn sie sich nur gezeigt hätte. So sagte er den Kindern, sie sollten doch die Mutter fragen, wie sie es nur anstelle, ins verschlossene Haus zu kommen.
Als die Kinder die Mutter darum befragten, erwiderte sie, sie wisse doch schon, wo der Schlüssel stecke. Der unglückliche Vater bat nun einen Freund, aufzupassen, und wenn die Frau ins Haus trete, die Tür zu schließen und ihn zu rufen. Das geschah auch, und nun eilte der Vater ins Haus und bat die Frau um Verzeihung. Nun lebten sie noch manches Jahr glücklich zusammen.
Quelle: Johannes Jegerlehner, Sagen aus dem Oberwallis, Basel 1913 Nr. 6 (Kanton Wallis, Ems, Turtmanntal).
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.