Sieben Knaben hatten sich im Walde verirrt und erblickten am Abend ein Lichtlein, auf welches sie zuschritten. Das Lichtlein schimmerte aus den Fenstern eines großen Hauses, in welches sie traten. In der Stube saß eine Frau und spann. Diese nahm die Kinder liebreich auf, gab ihnen zu Essen und zu trinken und versteckte sie hinter dem mächtigen Ofen von Lavetschstein. – Nach einer Stunde wurde die Türe aufgerissen und herein kam schnaubend ein Riese mit einem fürchterlichen Rachen, tappte in der Stube umher und rief, dass die Fenster zitterten: »Ich rieche Menschenfleisch.« Die Frau wollte nichts davon wissen und alles wäre gut gegangen, wenn nicht einer der Knaben unvorsichtiger Weise seinen Kopf hervorgestreckt hätte, dass ihn der böse Menschenfresser erblickte, und ihn in einem Augenblicke aufzehrte. Damit war aber der Hunger des Riesen nicht befriedigt. Er fraß noch einen Knaben und dann seine eigene Frau zur Strafe für ihre Lüge. Die andern Kinder sperrte er in einen Hühnerstall unter dem Ofen ein, damit sie fett würden, und legte sich schlafen. Am andern Tag erwachte der Menschenfresser nicht gar frühe, öffnete gähnend den Hühnerstall, nahm den ältesten der Knaben und fragte ihn, ob er auch Läuse suchen könne. Dieser bejahte die Frage und der Riese setzte sich hin, beugte den Kopf auf die Knie und ließ den Knaben in seinen Haaren hantieren. Der Knabe war aber klugen Sinnes und kitzelte und kratzte so lange, bis der hässliche Menschenfresser in einen tiefen Schlaf verfiel. Dann langte das Kind ein breites Schwert von der Wand, hieb dem Riesen den Kopf ab, nahm alle Schätze, welche im Hause aufgehäuft waren und befreite seine Brüder.
Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, in Comadè bei Trons erzählt.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.