Der armen Seelen Speisekasten

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Ein reicher Bauer in Kippel hatte in seinem Stubentisch zwei Speisekasten. Aus dem einen nahmen die Hausleute Brot und Käse, aus dem andern durften sie nichts nehmen. Sie merkten jedoch, dass im verbotenen Kasten auch Brot und Käse lagen, aber nie alt und hart. Jemand musste also auch davon essen.

An einem Quatembersamstag waren alle am Mittagstisch versammelt; da begann es in diesem Tischkasten zu klopfen. Die Kinder fürchteten sich beinahe, der Vater aber fragte nur die Mutter: «Hast du in dieser Quatemberzeit kein Almosen gegeben?» Die Mutter musste bekennen: «Ich habe nicht einmal dran gedacht.»

Jetzt wussten alle, dass dort der Speisekasten der armen Seelen war. Früher gab jede Mutter in der Quatemberzeit irgendein Almosen.

LÖTSCHEN

Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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