a) Sein Vaterhaus.
Wilhelm Bombast von Hohenheim studierte die Heilkunst und kam als Arzt unter Abt Konrad von Hohenrechberg nach Einsiedeln, wo er im Spitale Anstellung fand. Eine ebenfalls im Spitale angestellte Person von Einsiedeln, eine Hörige der Abtei, ward seine Frau und aus dieser Ehe stammt seit etwa 1493 der berühmte Paracelsus. Neben der Teufelsbrücke an der Sihl stand ein altes, nun seit kurzem erneuertes Bauernhaus, und dieses ist es, wo er, ein rechtes Naturkind, die früheste Jugend und etliche spätere Jahre verlebte. Daran hing ein gemaltes Bild, das den berühmten Doktor vorstellte und noch lebt sein Name als der eines Zauberers im Munde des umwohnenden Volkes. Bildung holte er nicht in Büchern, sondern auf Reisen durch ganz Europa herum. Dennoch schrieb er viele Bücher, oder diktierte sie. Seine Gemütsart war, wie er selbst sagte, nicht subtil von Natur gesponnen, sondern nach grober Schweizerlandesart. Welchen Gelichters seine Bedienten waren, sagen uns seine Worte: „Der Henker hat mir 21 Knechte genommen und von dieser Welt abgetan.
b) Paracelsus in der Volkssage zu Einsiedeln.
Hätten wir keine andern Beweise, dass der berühmte Zauberer von Einsiedeln gewesen, so müsste schon der Umstand, dass sein Name hier noch in der Sage fest wurzelt, als Beweis gelten. Das Landvolk, das übrigens in dergleichen Mitteilungen zurückhaltend ist, nennt ihn gewöhnlich Rastus, Raster oder Erast, offenbar ein entstellter Theophrastus, ein Name, der freilich für unsre Bauern nicht ganz mundgerecht ist.
Vor diesem Raster nun wird folgendes erzählt: Er hatte einen wunderlichen Degen, in dessen Knopfe sich sämmtliche vier Elemente befanden und durch dessen Berührung er alles in Gold verwandeln konnte. Diese Kraft des Degenknopfes wird, wenn mich nicht das Gedächtnis trügt, auch in den Biographien des P. angeführt, und aus seinem Bilde steht man zuweilen, wie er sich mit der Hand auf einen solchen Knopf stützt.
Sein Tod war wunderbar. Raster hatte einen Schwager, der auf ihn neidisch war und ihm besonders seinen grossen Namen missgönnte. Also beschloss er, ihn zu töten und zwar durch Vergiftung mittelst eines Diamanten, den er für das sicherste Mittel zu diesem Zwecke hielt. Der Vorsatz wurde ausgeführt, Raster nahm das Gift, merkte aber sogleich, wo das herkomme und wer ihm dasselbe gegeben. Darauf verlangt er eine Kreide und zeichnete das Bild des Schwagers, der nicht zugegen war an die Wand. Als dies geschehen, verlangt er auch Bogen und Pfeil und schiesst den Pfeil in das Herz des Bildes, und siehe, der Schwager fallt im gleichen Augenblicke tot zu Boden. Jetzt verlangt der vergiftete Zauberer allein zu sein, um ein Gegengift zu bereiten. Alles zieht sich zurück, er schliesst sich in sein Zimmer ein und beginnt seine Zauberkünste. Die Nachbarn aber reitzt die Neugier und die Sorge um ihn, und sie beobachten ihn durch eine Spalte in der Wand des Zimmers. Aus Schrecken über das, was sie gesehen oder aus irgend einer andern Ursache, sprengen sie die Türe ein, worauf er ihnen erschrocken entgegenruft: „Ihr habt mich getötet, Freunde, ihr seid meine Mörder, denn jetzt ist mein Gegenzauber vereitelt.“ Die Freunde hörten das mit Entsetzen, entschuldigten sich und gingen dann nach seinem Wunsche wieder fort.
Nur ein treuer Diener war zurückgeblieben. Dem wollte er ein Andenken hinterlassen und liess ihm die Wahl zwischen dem Degen und seinen Büchern. Der Diener besann sich lang, da er aber die Kraft des Degenknopfes nicht kannte, oder denken mochte, derselbe werde ihm doch nicht entgehen, wählte er die Bücher. Sofort trat er wieder vor seinen Herrn Raster und sagte: „Gebt mir die Bücher.“ Raster war hiemit übel zufrieden und erwiederte: „Ich hätte lieber gesehen, du hättest den Degen gewählt. Da es aber einmal so ist, so magst du die Bücher behalten; das Schwert dort nimm und wirf es in die Sihl, das soll niemand erben.“ Jetzt merkte der Diener, dass er nicht die rechte Wahl getroffen, nahm das Schwert, warf es aber nicht in die Sihl, sondern versteckte es in einem Busche, aus dem er es nach dem Tode Rasters wieder hervorzuholen gedachte. Darauf kehrt er zu seinem Herrn zurück, und als dieser fragt: „Hast du nach meinem Wort getan?“ so antwortet er: „Ja Herr.“ Da ergrimmte der Zauberer, der schon ahnte oder wusste, was vorgegangen, und drohte den Diener von wegen seines Ungehorsams zu erschiessen, wie er den Schwager zuvor erschossen hatte. Zitternd ritt der Diener zurück, holt den Degen aus dem Busch, bringt ihn seinem Herrn und gesteht seine Schuld. Dieser wiederholt den frühern Befehl. Der Degen wird in die Sihl geworfen. In dieser aber fängt es an zu brausen und zu tosen, Steine springen auf, der Boden bebt und mit ihm das Haus des sterbenden Paracelsus. Dieser, im Gefühl des nahen Todes, spricht zum Diener: „Jetzt weiss ich, dass du meinen Befehl befolgt hast, dass keiner mein Schwert erben wird und dass für mich die Stunde da ist aus dieser Welt zu gehen. Und so starb er.
Wir wissen übrigens, dass Paracelsus in Salzburg starb.
Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch.